In Großenseebach wird alter Apfel-Adel gehegt

11.11.2015, 14:00 Uhr
In Großenseebach wird alter Apfel-Adel gehegt

© Anestis Aslanidis

Auch wenn kaum noch ein Apfel am Baum hängt, gerade jetzt steht Arbeit an an den Anlagen, die seit 1995 unter der Regie des Landkreises angelegt werden und unter der Obhut der Gartenbauvereine stehen.

Von Mühlhausen über Warmersdorf, Weisendorf bis Herzogenaurach und Marloffstein haben 15 Vereine seinerzeit Pflanzen vom Landkreis bekommen und meist auf von der jeweiligen Gemeinde zur Verfügung gestelltem Grund die Obstgärten angelegt, so der Kreisvorsitzende der Obst- und Gartenbauvereine, Otto Tröppner aus Weingartsgreuth.

350 Sorten Äpfel und 150 Birnensorten, die keiner mehr kennt, überleben in den Anlagen, oft beschildert, wie etwa in Röttenbach und Mühlhausen, und allesamt genau katalogisiert. Angelika Schiffer, die Fachfrau für Gartenbau und Landschaftspflege am Landratsamt, weiß so genau, welcher Baum mit welcher Sorte wo zu finden ist.

Gepflegt werden die Gewächse von den örtlichen Vereinen, wo es wieder ausgebildete Baumwarte gibt, wie Roger Beuchert aus Marloffstein, der in seiner Gemeinde drei Anlagen betreut, oder Michael Geist aus Großenseebach. Die Leute vor Ort sehen auch nach Ausfällen. Stirbt ein Baum ab, versucht man mit dem Landkreis, Ersatz zu beschaffen. Oft nicht einfach. Nach einem Adersleber Kalvill sucht man heute noch, seit unbekannte Frevler die Obstbaum-Seltenheit nahe dem Marloffsteiner Wasserturm im Sommer umgesägt haben — zur Empörung des Baumwarts Roger Beuchert.

Michael Geist hat ein waches Auge auf Kronprinz Rudolf, General Totleben, den Alten Hannoveraner und weitere illustre Persönlichkeiten aus altem Apfel-Adel. Der Großenseebacher hat sich in Triesdorf zum Baumwart ausbilden lassen — eine Qualifikation, die es erst seit 2012 wieder zu erwerben gibt. 1962 war die Ausbildung eingestellt worden — mit Beginn der Ära von Golden Delicious, Granny Smith und anderer Massensorten, die man im Supermarkt bekommt.

Dank Michael Geist, der auch beim Bund Naturschutz engagiert ist, ist die Großenseebacher Obstanlage gut in Schuss. Letzteres bescheinigt Angelika Schiffer dem „Träger“ Heimat- und Gartenpflegeverein.

Dessen Vorsitzende Gerda Hilrichs hebt auch die Zusammenarbeit mit dem Bund Naturschutz hervor, der zwischen den Bäumen gegenüber dem „Schuttberg“ am nördlichen Ortsrand eine Blühwiese angesät hat. Und die Vorsitzende erwähnt lobend, dass auch die Gemeindearbeiter tüchtig Hand anlegen, wenn an den Bäumen etwas zu pflegen ist.

So hat die Großenseebacher Abteilung des Obst-Genpools bereits eine Vorsichtsmaßnahme bekommen, die Angelika Schiffer jetzt vor dem Winter in möglichst allen Obstbaum-Anlagen sehen möchte: Die Stämme der 20 Jahre alten Bäume wurden weiß angestrichen.

Altes Gärtnerwissen auch dies, so die Fachberaterin am Landratsamt. Eine dicke Schicht pastose Farbe bewahrt die Rinde vor Schäden. Diese wiederum werden durch Trockenheit und die Wintersonne verursacht, die durch den Klimawandel die Pflanzen heutzutage länger und intensiver bestrahlt. So wird das alte Gärtnerwissen buchstäblich brandaktuell.

Die weiße Farbe bietet auch einen gewissen Verdunstungsschutz, sodass der geweißelte Baum weniger Wasser verliert. Dritter Effekt: Die beiden Schichten aus Kleber und Farbe über der Rinde verderben auch dem Wild den Geschmack an der Baumrinde.

Der Geschmack an den Äpfeln soll niemandem verdorben werden. Wie Gerda Hilrichs sagt, verwertet der Heimat- und Gartenbauverein Äpfel und Birnen aus dem „historischen“ Garten nicht. Die Allgemeinheit dürfe sich bedienen bzw. habe sich bedient, denn auf den Bäumen hängt längst kein Obst mehr.

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