Sport als Lebenselixier
25.7.2009, 00:00 UhrDieser Triumph gelang ihr im Vorjahr in Clearwater (Florida) über die halbe Ironmandistanz (1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und ein Halbmarathon). Auch da staunte die Konkurrenz über die Senkrechtstarterin, die erst 2004 mit dem Triathlon begann und im Sommer 2008 in Roth ihren ersten Ultra-Triathlon absolviert hatte. Bei 10:12:24 Stunden stoppte die Uhr - sensationell für eine Debütantin.
Und vor wenigen Wochen legte sie noch eins drauf: Mit 9:39:23 Stunden war sie beim Ironman Switzerland in Zürich die schnellste deutsche Starterin, ließ als Gesamtachte sogar die Mehrzahl der weiblichen Profis hinter sich, gewann ihre Altersklasse und eroberte sich ganz souverän ihr Ticket für die Weltmeisterschaft auf Hawaii.
Eine Blitzkarriere, wobei dieser Blitz nicht aus heiterem Himmel kam. Denn schon seit langem ist sie nicht eine «leidenschaftliche Sportlerin», sondern auch eine höchst erfolgreiche. In ihrem Geburtsort Weinheim/Bergstraße machte sie sich zunächst einen Namen als Tennis- und Handballspielerin. Im Handball wurde die über 1,80 Meter große Silvia Balbach deutsche Vizemeisterin bei den Junioren, spielte in der baden-württembergischen Auswahl und bis etwa zu ihrem 28. Lebensjahr in der Damenmannschaft.
Das war vor vier Jahren, und dann wurde ihr das Dauerpendeln doch zu viel. Nach dem Studium der Sportökonomie folgte ein Umzug an den Bodensee, wo sie bei der Firma Vaude (Bergsportausrüstung) eine Anstellung fand. «Für den Laufsport hatte ich schon immer ein Faible und bin schon öfter bei kleineren Wettbewerben gestartet. Nun war ich in einer wunderschönen Gegend, um mit dem Radfahren zu beginnen und habe mir ein Rennrad gekauft», erzählt sie.
Ehrgeiz und Naturtalent in Sachen Ausdauer trafen nun aufeinander. Noch 2004 bestritt sie beim Rhein-Neckar-Cup in ihrer alten Heimat den ersten Triathlon über die olympische Distanz, der sie zunächst treu blieb, ehe sie 2007 als Zuschauerin beim Quelle Challenge der Faszination Ironman (der ja in Roth nicht mehr so heißen darf) erlag.
«Das will ich auch!», nahm sie sich vor und erhöhte nochmals den Trainingsaufwand. Derzeit ist sie bei durchschnittlich 20 Stunden in der Woche angekommen, die sie proportional ähnlich den Abschnitten im Rennen aufteilt: etwa zehn Stunden Rad, sechs Stunden Laufen, drei Stunden Schwimmen und dazu noch etwas Krafttraining.
«Schwimmen bleibt Tortur»
«Das Schwimmen ist immer noch eine Tortur», gibt sie zu. Um diese Teildisziplin perfekt zu beherrschen, hat sie möglicherweise doch etwas spät damit begonnen. Mit 1:04 Stunden im Zürichsee war sie daher überglücklich - und vor allem damit, dass kein Rivale sie mit Tritten oder Schlägen malträtierte. Umso stärker ist sie mit dem Rad - in Florida legte sie mit einem Stundenmittel von 38,2 km/h den Grundstein zur Silbermedaille in ihrer Altersklasse W30 - und zu Fuß, wo sie zahlreiche bessere Schwimmerinnen (und Schwimmer) «schluckt».
Seit März 2007 arbeitet sie in Herzogenaurach - und so darf sich ihr neuer Verein Turnerschaft 1861 auch einen Teil ihrer Erfolge gutschreiben lassen. Allzu oft trainiert sie aber nicht mit den Klubkameraden (wenn, dann meist im Schwimmbecken), lobt sie aber: «Das ist ein netter Verein.»
Die meisten ihrer Ausdauereinheiten absolviert sie an den Wochenenden in Düsseldorf, wo ihr Lebensgefährte lebt, und verteilt über die Woche in Herzogenaurach, wo sie von flexiblen Arbeitszeiten bei adidas profitiert. Doch Extrawürste bekommt das Mitglied der Abteilung Produktmarketing für das Outdoorsegment («mein Traumjob») nicht. Direkt vom Züricher Ironman reiste sie nach Friedrichshafen, um dort beim Aufbau für die Fachmesse mitzuarbeiten.
Ein Sponsoring durch den Arbeitgeber findet auch nicht statt. «Leider, denn das ist ein teures Hobby, ich habe mindestens den Gegenwert von drei Überseeurlaube investiert», sagt Silvia Balbach, die sich immerhin darüber freuen darf, dass die adidas-Running-Abteilung ihr Laufschuhe zu Testzwecken überlässt. Ein Fahrradhändler im heimischen Weinheim und eine bayerische Brauerei unterstützen sie ebenfalls.
Jetzt also Hawaii im November. Mit potenziellen Rivalinnen hat sie sich noch gar nicht befasst: «Ich habe mir mit der Startberechtigung schon einen Traum erfüllt. Jetzt schau ich einfach nur, was herauskommt. Was mir zugute kommen sollte: Ich bin sehr hitzeresistent, vor dem welligen Meer habe ich als mittelmäßige Schwimmerin aber schon Respekt.»
Ein anspruchsvoller Beruf, eine der härtesten Sportarten überhaupt, dazu das ständige Pendeln zum Freund - gestresst wirkt Silvia Balbach dennoch nicht. Triathlon scheint ihr Lebenselixier zu sein. «Ich kann diese tolle Sportart jedem Menschen nur ans Herz legen», sagt sie. Es muss ja nicht gleich ein Ironman sein . . .