,Stift‘ vor 70 Jahren
01.04.2011, 16:26 Uhr
„In allen Grundfertigkeiten des Mechanikerberufs“ wurden sie ausgebildet, bescheinigt das Lehrzeugnis aus dem Jahr 1944.

Dem vorausgegangen waren viele Stunden des Feilens, Drehens, der Metallbearbeitung, präzises tägliches Führen des Berichtshefts, Strafarbeit und „Watsch‘n“ bei Fehlern. Das Putzen und Aufräumen der Werkstatt nach Arbeitsschluss um 17 Uhr bis teils 20 oder 21 Uhr durch den „LvD“ (Lehrling vom Dienst), überprüft durch den „MvD“ (Meister vom Dienst) schloss sich an. Danach ging‘s mit dem Fahrrad und Zug oder zu Fuß nach Hause.
Die sprichwörtlichen „keine Herrenjahre“ waren während der Nazi-Zeit mit Drill, militärischem Gehorsam, Fahnenappell noch stärker fühlbar: So nach und nach werden die Erinnerungen in der neunköpfigen Männerrunde lebendig.
Johann Eisen, der in Baiersdorf eine Bleistiftspitzer-Firma gründete, hat „alle Neune“ aufgetrieben und zum Jahrestag in den Bayerischen Hof in Herzogenaurach eingeladen: Peter Batz aus Herzogenaurach, den Zimmermeister Simon Batz aus Hemhofen, Thomas Düthorn aus Herzogenaurach, Josef Kern aus Haundorf, Georg Mehl aus Fürth, Hans Probst aus Nürnberg-Reutles, Herbert Schelter, jetzt in Höchstadt und Otto Stummer aus Herzogenaurach.
Junge Burschen mit Janker, kurzen Hosen und Kniestrümpfen waren sie einst, wie das Ausflugs-Foto von den „Hofmanns-Stiften“ in Hartenstein in der Hersbrucker Schweiz zeigt.
Dies war eine der unbeschwerten Situationen, die die 14- bis 15-Jährigen zu Beginn ihrer Lehrzeit erlebten, die eigentlich dreieinhalb Jahre dauern sollte. Wegen Arbeitsdienst und Kriegseinsatz wurden viele vorzeitig in eine raue Wirklichkeit entlassen.
Nach und nach werden Bruchstücke des Lebens zusammengetragen, verglichen. Manchmal ist der Satz zu hören „Das hätt‘ ich gar nicht mehr gewusst“. Einig ist man: „Gelernt haben wir was!“
Die Stichworte Krieg und Gefangenschaft fallen, die Furcht vor Bombardierung des total auf Rüstung umgestellten Unternehmens in Bruck, die amerikanischen Besatzer nach 1945, die nicht mehr jeden in die Firma ließen.
Dann die Wirtschaftswunderjahre mit der Anschaffung von Motorrädern und Autos, der Einstieg von Kugelfischer ins Unternehmen, die Produktion der Pfauder-Maschinen zur Herstellung von Kugellagern in Schweinfurt.
Über Familie und Kinder wird gesprochen, an die Weihnachts- und Osterbescherungen auf dem Firmengelände für den Nachwuchs erinnert man sich oder das „Erlanger Bergfest“. 45 Arbeitsjahre und Ruhestand. Und auch, traurig: „Meine Frau lebt nicht mehr“.
Die Firmenrente kommt nach der FAG-Übernahme heute von Schaeffler. Manchmal sagt einer gewissermaßen zu sich selbst und zu den anderen: „Ich bin erschrocken, dass ich schon so alt bin. Fühlst du dich wie 85?“ Johann Eisen bilanziert: „Ab und zu haben wir uns getroffen. Aber eigentlich zu wenig.“ Auf ihr Wiedersehen haben sie natürlich gleich angestoßen.