Trend-Wohnmobile der Luxusklasse kommen aus Schlüsselfeld
22.2.2021, 06:00 UhrMehr als 75 Prozent in der europäischen Premiumklasse sind Fabrikate aus seinem Stadtgebiet, sagt Schlüsselfelds Bürgermeister Johannes Krapp. Bei den drei Herstellern schätzt man die Marktanteile sogar noch höher ein.
Morelo aus Schlüsselfeld und die beiden in Aschbach ansässigen Reisemobilschmieden Concorde und PhoeniX schickten zuletzt mehr als 900 Einheiten im Jahr auf die Straße. "In Deutschland werden rund 1000 Stück im Jahr verkauft. Das sagen uns die Zulassungszahlen" verrät der Concorde-Marketingmanager Mirko Kerber.
Los ging es mit dem Anhängerbau
Sein Arbeitgeber mischt seit Beginn der 80er Jahre mit in der wachsenden Caravaning-Branche. Firmengründer Helmut Reimann hatte sich 1981 in Aschbach niedergelassen, auf dem Gelände, auf dem vorher bereits die Tabbert GmbH Wohnwagen hergestellt hat.
Zunächst ging er als SKW (Schlüsselfelder Kunststoffwerk) an den Start. Schon nach wenigen Jahren verabschiedete sich Reimann vom Anhängerbau und verlegte sich 1985 ganz auf die Reisemobile. Concorde 500 RS und XS hießen die ersten Modelle, die auf Fahrgestellen des Ford Transit daherkamen.
Mitte der 1990er schossen die ersten Montagehallen in die Luft
1996 machte Reimann Aschbach endgültig zum Hauptsitz. Er ließ neue Montagehallen und ein Verwaltungsgebäude hochziehen.
Von Zellingen bei Würzburg, wo er einst begonnen hatte, zog er sich komplett zurück. Auch nachdem die Familie Reimann 2003 ihre Anteile verkauft hatte, rollte Concorde weiter auf Wachstumskurs. In den folgenden Jahren wurde das Werk Stück für Stück ausgebaut.
Nur noch ganz wenige aus den Anfangszeiten sind heute noch aktiv. Einer davon ist Johannes Schell.
"Wir produzieren nicht nur Modelle von der Stange"
Der Aschbacher Schreinermeister hatte bereits in den Zellinger Anfangszeiten bei Helmut Reimann gearbeitet. 1998 machte er einen eigenen Betrieb auf, den Schell Fahrzeugbau mit der Marke PhoeniX.
Erst mit 25 Mitarbeitern, mittlerweile sind es etwa 70. Karosseriebauer, Installateure, Elektriker, Schreiner und natürlich auch die Verwaltung und der Vertrieb.
"Bei uns arbeiten sehr viele Fachkräfte, alles Leute, die wissen was sie tun", sagt Wolfgang Steinbauer über sein Personal. "Wir produzieren nicht nur Modelle von der Stange", grenzt sich der PhoeniX Vertriebsleiter von den beiden größeren Branchenkollegen ab. Sonderanfertigung auf Kundenwunsch sind die Spezialität des Hauses. "Wer mehr Platz fürs Bett braucht bekommt ihn", sagt Steinbauer.
Um die 120 neue Fahrzeuge verlassen pro Jahr die nagelneue Fertigungshalle in Aschbach. Die jüngste der drei Reisemobilschmieden ist gemessen an den Verkaufszahlen mittlerweile die größte geworden:
In Elsendorf fing alles an
Oben im Schlüsselfelder Gewerbegebiet, beim ADAC-Trainingsgelände, hat sich Morelo einen fast zehn Hektar großen Firmensitz hingestellt. Begonnen hat es 2010 in einer unscheinbaren Blechhalle in Elsendorf. Ein sechsköpfiges Team baute dort im Sommer in aller Eile den Prototypen ihres ersten Modells zusammen. Im September schon wurde er auf dem Caravan Salon in Düsseldorf präsentiert.
Die rudimentären Anfänge täuschen nicht darüber hinweg, dass die Morelogründer von Anfang an Großes im Sinne hatten: Während sie noch in dem angemieteten Schuppen montierten war das neue Domizil bereits am Entstehen. Das Kapital für das ehrgeizige Investment sammelte der niederländische HTP Fonds ein.
Tödlich verunglückter Concorde-Gründer
Der Mann, dem Morelos seine Existenz verdankt heißt Jochen Reimann. Der 2004 tödlich verunglückte Conrcordegründer Helmut Reimann ist sein Vater. Auch der Sohn war viele Jahre im Management bei Concorde.
2008 verließ er die Firma, von der seine Familie fünf Jahre zuvor ihre Anteile verkauft hatte. Es war weiß Gott kein Abschied in Freundschaft, wie es beide Seiten anklingen lassen.
Reimann, der sich mittlerweile aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat, sieht Morelo auf dem Erfolgsweg. 107 Millionen Euro Jahresumsatz habe man zuletzt gemacht, bei 465 verkauften Luxuslinern. Wobei der Luxus bei rund 150.000 Euro anfängt.
Neue Hallen sollen gebaut werden
Insgesamt, das scheint Jochen Reimann unbedingt erwähnenswert, habe man Concorde inzwischen hinter sich gelassen. Womit sich Morelo nicht zufrieden gibt.
Der Aufbau neuer Produktionskapazitäten steht bevor, laut Reimann denkt man auch an das Vordringen in preislich niedrigere Regionen und dereinst 1000 Fahrzeuge pro Jahr.
Bei Concorde hingegen ist Expansion derzeit kein Thema. Mit rund 400 Einheiten im Jahr werde "bewusst limitiert", kündigte Mirko Kerber an und sprach von "künstlicher Verknappung des Angebots".
Ein Standort, der seine Grenzen hat
Der Standort Aschbach habe seine Grenzen, nicht nur räumlich. "Es ist ganz schwer hier Arbeitskräfte zu finden", klagt der Concorde-Manager. Worunter er und die Branche – abgesehen von vorübergehenden Engpässen bei Zulieferern – kaum zu leiden haben ist die Pandemie. Die Nachfrage sei ungebrochen, so Kerber.
Das Domizil auf vier Rädern biete ja auch ideale Möglichkeiten, einen Urlaub unter Kontaktbeschränkungen zu genießen. Mit Generatoren, Photovoltaikanlagen, Wassertanks und Batterien könnten Reisende im Wohnmobil ein nahezu autarkes Leben führen, ortsunabhängig obendrein. Johannes Krapp, der Bürgermeister des Steigerwaldstädtchens, jedenfalls freut sich, dass es bei allen drei Herstellern offenbar gut läuft.
Der Reisemobilbau hat sich zum bedeutendsten Wirtschaftszweig in Schlüsselfeld gemausert und bietet rund 800 Beschäftigten Lohn und Brot. Die Gewerbesteuereinnahmen sind sehr willkommen, das örtliche Handwerk bekommt Aufträge aus den Werken und auch der Einzelhandel und die Dienstleister profitieren.
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