Trost in der letzten Lebensphase

17.01.2014, 16:42 Uhr
Trost in der letzten Lebensphase

© Draminski

Schon seit fast zehn Jahren begleitet Gunda Schäfer (62) aus Herzogenaurach Sterbende in ihrer letzten Lebensphase — einen Tag, wenige Wochen oder auch länger. Ein schweres Amt, mögen viele denken, doch ist diese Aufgabe alles andere als trostlos.

„Man spürt, wie gut die Unterstützung dem Patienten, aber auch den Angehörigen tut“, erklärt Bettina Quandt, die im Herzogenauracher Hospizverein die Einsätze der Hospizhelfer koordiniert. „Man bekommt auch viel zurück, und das ist nicht nur Dankbarkeit.“

Schäfer konkretisiert: „Wenn ich einen Patienten daheim besuche, entschleunigt das enorm, ich komme weg vom hektischen Alltag, es erdet mich.“ Denn beim Besuch eines im Sterben liegenden Menschen ist kein Platz mehr für Verstellung. Dort ist Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit angesagt, „man kann so sein, wie man ist“, ergänzt Quandt.

Und das wiederum betreffe das ganze Umfeld. „Wenn man es schafft, den Angehörigen etwas von der Unsicherheit zu nehmen, und deren schwere Arbeit wertschätzt, profitiert auch der Sterbende davon.“

Apropos Unsicherheit. Das war einer der Gründe, warum Gunda Schäfer Hospizhelferin geworden ist. Nach einer persönlichen Erfahrung mit dem Tod in der Verwandtschaft quälten sie Zweifel, etwas verpasst, übersehen, vergessen zu haben, und sie bekam nur unbefriedigende Antworten. Einige Zeit später wurde sie durch Medienberichte auf den Hospizverein aufmerksam.

Den hat Helga Lang vor nunmehr gut zehn Jahren ins Leben gerufen (im vergangenen Herbst konnte Jubiläum gefeiert werden). Er ist eine Erweiterung des Vereins für ambulante Krankenpflege, dessen Vorsitzende Helga Lang war — und Vorsitzende des Hospivereins Herzogenaurach ist sie auch heute noch.

Jedenfalls wandte sich Gunda Schäfer an Helga Lang mit dem Ansinnen, einen Kurs zu besuchen. Der ist Voraussetzung für die anspruchsvolle Arbeit als Hospizhelfer. Jedoch kann der Kurs auch besucht werden, ohne danach als Helfer aktiv zu sein. „Obwohl wir es uns natürlich wünschen“, sagen Lang und Quandt. Dennoch: „Schon der Kurs an sich ist eine Bereicherung.“

„Ich hatte keine Vorstellungen von dem Kurs“, erinnert sich Schäfer, „aber er hat mir viele Fragen beantwortet.“ Der Kurs umfasst zunächst ein Vierteljahr Theorie zu Themen wie Tod, Sterben, Trauerarbeit, Demenz etc. mit hochwertigen Referenten aus der praktischen Arbeit. Einmal pro Woche je drei Stunden (und hin und wieder auch mal einen ganzen Samstag) müssen sich die Teilnehmer dafür Zeit nehmen — und zwar lückenlos, um das Zertifikat zu erhalten. Es folgt eine praktische Ausbildung in der Sozialstation, im Altenheim oder im stationären Hospiz (drei Mal acht Stunden). Ob man dann auch als ehrenamtlicher Hospizhelfer tätig sein will, kann jeder selbst entscheiden.

Emotional berührend

Gunda Schäfer wollte. Und hat es bis heute nicht bereut. „Die Menschen, die man begleitet, lassen einen am Rest ihres Lebens teilhaben und schenken einem ihr Vertrauen.“ Denn freilich unterliegen die Hospizhelfer der Schweigepflicht. Dennoch sind die Schicksale — trotz aller professioneller Distanz — mitunter emotional berührend. Deshalb treffen sich auch die Hospizhelfer — derzeit 18 Frauen und ein Mann — einmal im Monat, um sich auszutauschen. „Nichts geht spurlos an einem vorbei“, sagt Bettina Quandt. „Mit jeder Begleitung entwickelt sich auch der Hospizhelfer weiter und gewinnt neue Sichtweisen. Wir dürfen einen Blick in viele verschiedene Lebenskonzepte werfen, und das ist sehr bereichernd.“

Und auch jeder Hospizhelfer, jede Hospizhelferin ist anders und bringt sich auf seine ureigenste Weise ein. „Die Hospizarbeit weckt das Beste im Menschen und ist für alle Seiten eine positive Erfahrung“, ist sich Helga Lang sicher.

Dass am Ende immer der Tod steht, ist allen Helfer/innen bewusst. „Mir ist es dann wichtig, die Beerdigung mitzuerleben“, sagt Gunda Schäfer. Und Bettina Quandt fügt hinzu: „Wir haben es ja meist mit sehr alten oder schwer kranken Menschen zu tun, denen man die Ruhe von Herzen gönnt.“

Aber was genau macht denn nun ein Hospizhelfer? „Dasein und Aushalten“, bringt es Quandt auf den Punkt. „Wir bringen ein Stück Welt in die Wohnung.“ Es gehe darum, die Angehörigen zu entlasten und für den Patienten da zu sein. „Der Kranke soll möglichst ohne Beschwerden, umsorgt von Familie, Freunden und Betreuern, das Dasein bewusst erleben und schließlich den Tod akzeptieren. Das Sterben betrachten wir als einen Teil des Lebens“, heißt es auf der Internetseite des Hospizvereins.

Im Idealfall betreut ein Hospizhelfer nur einen Patienten auf einmal. „Ich lese meinem Patienten vor, wir singen gemeinsam, ich schreibe mal einen Brief, erzähle etwas oder höre einfach nur zu“, erläutert Schäfer. Zuhören sei ein ganz zentrales Thema, etwa, wenn der Patient sein Leben Revue passieren lässt.

Hospizhelfer/in kann jeder werden. Offen und ehrlich sollte man sein, Durchhaltevermögen mitbringen und ein bisschen Mut, sich immer wieder völlig unbekannten Menschen und Situationen zu stellen. „Wir wünschen uns Spaß am Engagement“, sagen Lang und Quandt. Ein neuer Kurs beginnt im Herbst.

Nähere Informationen bei Helga Lang, Tel. (09132) 2607, Email: info@hospizverein-herzogenaurach.de; Infos zu den weiteren Angeboten des Hospizvereins, wie zum Beispiel das Trauercafé, im Internet unter www.hospizverein-herzogenaurach.de.

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