Zuversicht trotz Dürre: "Wald wird wieder wachsen"
24.8.2019, 15:17 UhrTrotz der aktuellen Schreckensmeldungen aus den Wäldern, dass in manchen Gegenden ein Drittel bis die Hälfte der Waldbäume am Vertrocknen sei, zeigt sich Hofmann optimistisch: "Keine Panik. Die aktuelle Situation beschleunigt vielleicht den Waldumbau – weg vom Mono-, hin zum Mischwald – und das ist auch eine Chance für den Wald."
Dann geht es tief hinein in den privaten Stiftungswald "Rummelwald" bei Buchfeld, den er im Auftrag der Regierung von Oberfranken verwaltet. Hier ist in den letzten 30 Jahren ein Mischwald entstanden, in dem Kiefern, Buchen, Douglasien, Lärchen und Roteichen gedeihen. Dazwischen stehen sogenannte Biotopbäume, in denen viele Insekten hausen. Auch hier leiden Bäume unter der Trockenheit, doch lange nicht in dem Ausmaß wie andernorts.
Boden komplett ausgetrocknet
An diesem Ort erläutert der Forstexperte seine Sichtweise der momentanen Entwicklung. Die Trockenheit habe schon 2015 angefangen, extrem sei es dann 2018 gewesen. In den letzten Tagen habe es hier nun 26 Liter pro Quadratmeter geregnet, wie Hofmann dank Regenstandsmesser weiß. Eigentlich nicht schlecht. Doch was kommt davon im Waldboden an? Mit einem Spaten sticht er mühsam ein Erdstück aus, um die Situation zu veranschaulichen. "In 20 Zentimetern Tiefe ist alles trocken, auch in zehn Zentimetern Tiefe alles staubig, nicht einmal die Streuauflage ist richtig feucht", stellt er fest.
Das bedeutet auch: "In tieferen Bodenschichten, wo ältere Bäume wurzeln, ist es komplett ausgetrocknet." Das wiederum treffe besonders alte Buchen hart, die auf Lehm oder Tonböden wachsen. Aufgrund der extremen Trockenheit hätten sich diese Bodenschichten – wahrscheinlich schon 2018 – zusammengezogen und in der Folge seien die Feinwurzeln der Buchen abgerissen. Für diese sensiblen Bäume das Todesurteil. "In meinen fast 40 Berufsjahren sehe ich so etwas das erste Mal."
Anpassung an Klimaverhältnisse
Dennoch zeigt sich Hofmann hoffnungsvoll: Er hält einen jungen Ahorn hoch mit vergleichsweise langer Wurzel. "Die Pflanzen wachsen dem Wasser entgegen, notfalls auch in tiefere Schichten." Der Förster zeigt sich überzeugt davon, dass sich junge Bäume, wenn sie es nicht anders kennen, den veränderten Klimaverhältnissen anpassen können. Wie lautet sein Rezept für einen gesunden Wald der Zukunft? Ziel sei ein stabiler Mischwald mit Baumarten, die auch mal Trockenheit vertragen. So ein Wald wiederum könne aber nur dort entstehen, wo bereits verschiedene Baumarten wachsen. "In einem reinen Nadelwald wächst eben keine Eiche von allein." Zudem müsse man die Bodenbeschaffenheit und den Standort beachten und wissen, welche Baumart wo am besten gedeiht. "Ein Förster muss aufs große Ganze schauen und immer langfristig planen. Wenn ich über einen neuen Wald nachdenke, dann muss ich über 100 Jahre nachdenken."
Wir laufen weiter zu einer etwa 150 Jahre alten Eiche, darunter ein grünes Band von jungen Eichenschösslingen. "Ein Mischwald entsteht nur durch Pflege und aktives Eingreifen", erklärt der Förster weiter und zeigt auf einen ausgestochenen Schössling. "Der wurzelt schon deutlich tiefer." Eichen halten Trockenheit gut aus, sie brauchen aber viel Licht, weiß Hofmann. Daher will er dem Eichennachwuchs hier bewusst mehr Raum verschaffen, indem er die jungen, zu empfindlichen Buchen ringsherum fällt. Außerdem will er den Eichenbestand mit einem Zaun vor dem gefräßigen Rehwild schützen. Wenn die Eichen groß genug sind, stabilisieren sie auch den Baumbestand um sich herum, weiß er aus Erfahrung.
Vorrat wird gespeichert
Optimistisch stimmen Hofmann auch Klimaprognosen, die er kennt. Die Temperaturen werden in der Region im Durchschnitt zwar um zwei Grad ansteigen, doch die Niederschlagsmenge werde in den nächsten 80 Jahren in etwa gleich bleiben: in Mittelfranken im Durchschnitt 650 Millimeter Niederschlag pro Jahr (850 mm in Oberfranken). Der Regen werde sich aber mehr in den Winter verschieben. Weil die Pflanzen da kein Wasser brauchen und die Verdunstung gering sei, werde der Niederschlag im Boden gespeichert und stehe später als Vorrat zur Verfügung, erläutert er. "Jetzt wird ein feuchter Winter kommen", zeigt sich der Förster überzeugt. Das zeige schon die Statistik.
Und wenn es doch noch heißer und trockener wird? Gerhard Hofmann führt uns weiter auf eine Lichtung mit jungen Bäumen, wo es deutlich wärmer ist. Sein Experimentierfeld. Er zeigt ein Bäumchen mit stachligen Nadeln – eine Atlaszeder, die ursprünglich aus Afrika stammt. Daneben wächst eine Libanonzeder, die normalerweise im Taurusgebirge in der Türkei beheimatet ist.
Zedern für Franken
"Die Grundidee ist: Zedern kommen mit Trockenheit, aber auch mit Frost zurecht. Jetzt wollte ich mal sehen, wie sie bei uns gedeiht." Mit Blick aufs Bäumchen lächelt er zufrieden: "2018 gepflanzt ist sie trotz Trockenheit im ersten Jahr schon 40 Zentimeter gewachsen, heuer weitere 50 Zentimeter." Er habe eine Libanonzeder schon vor längerer Zeit angepflanzt, die sei inzwischen über zwei Meter hoch, und er könne nun sagen, dass sie mit Trockenheit und auch Frost gut zurechtkommt.
Dennoch: "Wir haben auf dem Gebiet null Erfahrung, wir wissen nicht, wie es sich mit Schädlingen verhält, wie tief sie wurzelt und so weiter. Es dauert mindestens zehn, zwanzig Jahre, bis man da wirklich was sagen kann." Doch Gerhard Hofmann bleibt positiv: Seine lange Erfahrung als Forstmann zeigt ihm: "Der Wald wird wachsen." Es brauche nur Zeit, Pflege und ein gewisses Fingerspitzengefühl für die komplexen Zusammenhänge – dann habe der Wald eine Zukunft.
Information:
Menschen und Gruppen, die sich für den Zustand des Waldes interessieren, führt Förster Gerhard Hofmann gerne durch den Forst und erklärt dabei die komplexen Zusammenhänge der Thematik.
Es sei ihm sehr wichtig, dass sich die Leute richtig informieren und nicht immer nur ein Teil des vielschichtigen Problems sehen, sagt der erfahrene Forstmann.
Kontakt kann man direkt mit Gerhard Hofmann aufnehmen beim Forstrevier Wachenroth, Telefon (0 95 48) 82 20 oder mobil (0160) 98 06 18.
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