Nach Brückeneinsturz in Dresden
„Keine hundertprozentige Sicherheit“: Wie steht es um die Brücken in Franken?
17.9.2024, 04:55 UhrBrücken sind ein unverzichtbarer Bestandteil der modernen Infrastruktur. Doch der Brückeneinsturz in der sächsischen Landeshauptstadt sorgt für viel Aufregung unter den Menschen. Neben Materialschäden setzen den Bauten auch Nutzungsänderungen, hohe Belastungen durch schwere Fahrzeuge und Umweltschäden zu. Diese Entwicklungen rücken die Sicherheit der Brücken weiter in den Fokus. In welchem Zustand befinden sich die Brücken in Nürnberg und der Region?
100-prozentige Sicherheit kann niemand geben
Eine Sicherheitsprüfung ist bundesweit gesetzlich vorgeschrieben, erklärt Rudolf Kucera, Leiter des städtischen Tiefbauamts in Fürth. Alle sechs Jahre findet eine gründliche Hauptuntersuchung statt, alle drei Jahre gibt es eine einfachere Zwischenprüfung und in den Zeiträumen dazwischen noch eine jährliche Sichtprüfung. Sprich jährlich wird der Zustand der Brücken geprüft, nur die Intensität variiert. Es gebe ein Benotungssystem für die Bauten. Wenn ein kritischer Zustand vorliegt, wird individuell entschieden, ob die Prüfintervalle verkürzt werden und die große Hauptprüfung beispielsweise alle drei Jahre durchgeführt wird. "Da gehen wir dann über das geforderte Maß hinaus. Eine hundertprozentige Sicherheit kann niemand geben, schließlich können wir nicht in die Brücken hineinschauen", betont Kucera. "Die Brücken haben allerdings eine intensive Betreuung, dadurch kann die Einsturzgefahr schon deutlich minimiert werden."
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, um den Zustand einer Brücke genauer zu analysieren. So können beispielsweise Betonproben entnommen und auf die Festigkeit untersucht werden. Stahlproben geben Hinweise darauf, ob etwas rostet – was im besten Fall nicht passieren sollte. Auch die Potenzialfeldmessung ist hilfreich: Dabei fährt ein spezielles Signalmessgerät die Ober- und Unterseite der Brücke ab und prüft das Bauwerk auf Korrosionsstellen. Eine Grafik liefert anschließend die statistische Auswertung. "Es sieht dann aus wie auf einer Wetterkarte, überall wo Verdachtsfälle sind, leuchtet es rot", beschreibt Kucera. "Wenn wir wissen, dass eine Brücke bereits in einem schlechten Zustand ist und ein Verdachtsfall bei der Messung herauskommt, öffnen wir die Brücke extra nochmal und stemmen dazu den Beton auf. Angenommen, der Verdacht auf Korrosion bestätigt sich, kommt die Brücke in den nähren Zeitplan einer Sanierung oder sogar einer Neuplanung."
Verschiedene Eskalationsstufen
Um eine Brücke zu entlasten und stets für eine sichere Überquerung zu sorgen, gibt es verschiedene Möglichkeiten – Eskalationsstufen genannt. "Wir leiten - gerade bei dem sensiblen Bereich Brücken – rechtzeitig Maßnahmen ein" erklärt André Winkel, Sprecher des Servicebetriebs öffentlicher Raum (Sör). Bevor eine Brücke gesperrt wird, werden Geschwindigkeitsbegrenzungen und unterschiedliche Gewichtsbeschränkungen verhangen. Je nach Schadensgrad der Brücke wird heruntergestuft. Das Verbot für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen ist die letzte Stufe vor einer Vollsperrung.
Einige marode Brücken in der Region
Die Zirndorfer Brücke in Fürth ist bereits wegen ihres "schlechten baulichen Zustandes" für schwere Fahrzeuge gesperrt, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt. Vor einigen Jahren wurde die Brücke bereits auf Fahrzeuge mit maximal zwölf Tonnen herunterreguliert, nun sind nur noch 3,5 Tonnen erlaubt. Von den rund 80 Brücken in Fürth sind etwa 10 Brücken im Maßnahmenprogramm, heißt, sie werden genauer beobachtet und eventuell saniert. Laut Kucera müssen etwa vier Brücken in den nächsten Jahren erneuert werden.
Nürnberger Hafenbrücken sind die größte Baustelle
Bei der betroffenen Brücke in Dresden handelt es sich um eine Spannbetonbrücke. Auch in Nürnberg und Fürth gibt es zahlreiche Bauten dieser Art. Spannbetonbrücken kamen in den 60er Jahren auf und waren damals revolutionär. Hier umhüllt der Beton vorgespannte Spannseile aus Stahl, die das Eigengewicht und die Verkehrslast aufnehmen. Der Beton hat zugleich eine Schutzfunktion und soll das Rosten der Stahlseile verhindern. Durch diese Bauweise war es möglich, große Entfernungen über Wasser zu überbrücken. Damals wurden die Brücken allerdings für eine geringere Belastung konstruiert und nur für eine Haltbarkeit von etwa 70 Jahren geplant. "Man sieht deutlich, dass sich die Verkehrsbelastung mit der Zeit deutlich verändert hat", erklärt Winkel.
Auch die Nürnberger Hafenbrücken sind nach dieser Bauweise gebaut worden und seien aktuell "die größte Baustelle", so Winkel. "So haben wir bei den Hafenbrücken bei einer Begehung eines Zubringers festgestellt, dass sich Betonteile lösten und diesen Teil der Brücke sofort gesperrt." Nun werden die Bauten bei laufendem Betrieb durch Neubauten ersetzt, durch Behelfsbrücken wird der Verkehr umgeleitet.
In Fürth und Nürnberg gibt es keinen Grund zur Sorge
Der Leiter des Städtischen Tiefbauamts Fürth sieht keinen Grund zur Sorge bei den Brücken in der Region: "Das in Dresden war ein tragisches Ereignis und eine Verkettung unglücklicher Umstände. Wir in Fürth und generell in der Region sind aber bemüht und haben auch unsere Maßnahmen ausgelegt, dass wir schnell eingreifen und sowas vermeiden können. Alle Brücken im Fürther Stadtgebiet sind im Maße der Ausschilderung für die Öffentlichkeit problemlos und ohne Sorge nutzbar".
Und auch Winkel gibt Entwarnung für Nürnberg. Mit einem Augenzwinkern erklärt er: "Ich benutze ohne Bedenken alle Brücken in Nürnberg."
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