Kommentar: Kein Wasser auf die Goldwaage
26.2.2013, 12:54 UhrMit ihrem "Richtlinienvorschlag zur Konzessionsvergabe" und ihren Privatisierungsplänen haben EU-Beamte in Krisenzeiten ein Relikt aus der Hochzeit des Neoliberalismus wieder hervorgekramt. Und das, obwohl die Annahme, der Verkauf staatlichen Eigentums an Privatunternehmen könne für Staat und Bürger einen Gewinn bergen, längst durch zahlreiche Negativbeispiele als fataler Irrglaube entlarvt wurde.
Es ist nicht verwunderlich, dass die Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU-Kommission just den derzeit von der Krise am stärksten getroffenen Ländern eine Privatisierung nahelegt: Portugal und Griechenland sollen demnach ihre großen Wasserwerke verhökern.
Die Gläubiger wollen schnell Geld sehen - und schwache, hoch verschuldete Staaten mit korrupten Eliten sind ein idealer Nährboden für Privatisierungsphantasien. Lateinamerikanische Länder können davon ein Lied singen: sie dienten den Experten des IWF seit den siebziger Jahren als Spielwiese für den Verkauf staatlicher Habe und Verantwortung. Die Diktatoren der Epoche ließen ihnen weitgehend freie Hand.
Die Völker dagegen haben schnell am eigenen Leib erfahren, dass Privatisierung nichts mit nachhaltiger Krisenbekämpfung zu tun hat - und schon gar nichts mit verantwortungsvoller Politik.
Denn private Unternehmen sind dem Gewinn verpflichtet - je schneller und je mehr, desto besser. Langfristige Investitionen in Leitungsnetze und teure Wartungsarbeiten verwässern dieses Ziel. Rasch steigende Preise für die Verbraucher dagegen spülen satte Gewinne in die Kassen - der Unternehmen. London, Grenoble und Paris, aber auch Berlin dienen hier als bezeichnende Negativbeispiele.
Wasser ist eine weltweit knapper werdende Ressource. Der teils schon heftig ausgefochtene Streit darum hat noch längst nicht seine volle Schärfe erreicht. In nicht allzu ferner Zukunft könnte der Zugang zu Wasser ein Grund für Regierungen werden, sich zu bekriegen.
Auch ist Wasser kein Spekulationsobjekt, es ist ein Menschenrecht. Bürger haben schon allein deswegen den legitimen Anspruch, Zugang zu sauberem und bezahlbarem Trinkwasser zu fordern. Der Staat hat die Pflicht, ihn dauerhaft zu gewähren.
Sie müssen darauf bedacht sein, die Kontrolle über die lebenswichtige Ressource zu behalten und sie nicht leichtfertig an Private zu verscherbeln.
Nach den Bürgern liegt es nun an den verantwortlichen Politikern, den Zynismus hinter der Debatte um die Privatisierung des Wassers zu erkennen. Es bleibt zu hoffen, dass sie die nötige Weitsicht und zugleich die Erfahrung besitzen, den drohenden Kuhhandel hinter dem Verkauf eines Menschenrechts zu entlarven.
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