Land unter: Überschwemmungen suchen Oberbayern heim
5.6.2016, 17:06 Uhr"Plötzlich ist das Wasser durch den Hof gelaufen", sagt Roman Spensberger. Der 26-Jährige steht bis zur Hüfte im Wasser, vor der Scheune seines Bauernhofes im oberbayerischen Polling (Landkreis Weilheim-Schongau). Der gesamte Brennholzvorrat, etwa 80 Raummeter, treibt vorbei - und auch die neue Motorsäge ist "abgesoffen", schildert er. "Heut` früh um halb sechs war das noch ein kleines Bachl", erzählt der Jungbauer und zeigt auf die braunen Wassermassen des Tiefenbachs, die sich seit dem frühen Morgen durch die Ortsmitte des 3500-Einwohner-Dorfes wälzen.
"Das ist ein ganz anderes Hochwasser, als wir es kennen", stellt Felicitas Betz fest. Die Bürgermeisterin ist in Gummistiefeln und Regenjacke seit "sieben Uhr" auf den Beinen. Starker Regen und Gewitter hatten den Ort in der Nacht getroffen, irgendwann war es zuviel Wasser für die beiden Dorfbäche. Jetzt haben rund 500 Personen nasse Füße, sagt sie. So wie Roman Spensberger, der achselzuckend sagt: "Wer das alles zahlt, weiß ich nicht." Zum Gesamtschaden machten die Behörden zunächst keine Angaben, immerhin gebe es aber "wenigstens keine Toten oder Verletzten", sagt Betz.
Am Morgen hatte das Landratsamt den Katastrophenfall für die Region ausgerufen. Bis zum Nachmittag rollen pausenlos die Fahrzeugkolonnen von Feuerwehr und THW durch den Ort. Rund 700 Mann auch aus den Nachbarlandkreisen sind im Einsatz. Sie bringen vor allem dringend benötigte Sandsäcke und Hochleistungspumpen. Denn nur wenn das Wasser weniger werde und wenn der Damm des Tiefenbachs halte, könne eine größere Überflutung verhindert werden, erläutert Helmut Stork, Leiter des Sachgebietes Katastrophenschutz im Landratsamt.
Die Pumpen laufen auf Hochtouren
Das Problem: Der Tiefenbach, einst künstlich von den Mönchen des Klosters Polling angelegt, liegt höher als das Terrain rund herum. Wenn der Bach überläuft, steht Polling unter Wasser. "Und wir haben dann ein Problem mit leckgeschlagenen Öltanks", sagt Stork. Um das Überlaufen zu verhindern, haben die Helfer von Feuerwehr und THW im Ortskern Schläuche ausgelegt und die schweren Pumpen alle fünfzig Meter entlang des Bachs in Stellung gebracht.
Laut brummen die Diesel-Motoren der Pumpen, unentwegt laufen die Wassermassen hinaus aus dem Ort auf die nahen Wiesen und Felder. Alle Pumpen zusammen können so 120.000 Liter pro Minute fördern. Die stärkste Pumpe - extra aus Augsburg vom dortigen THW angeliefert - schafft rund 15.000 Liter pro Minute. Auf dem Sportplatz von Polling schaufeln auch freiwillige Helfer Sandsäcke, mehr als 10.000 Stück sind es bisher. An einer Tafel im Feuerwehrhaus von Polling schreibt ein Feuerwehrmann genau auf, wohin wie viele Sandsäcke gebracht worden sind und aus welchen Ortschaften und Landkreisen der Nachschub kommt. Die Bergwacht macht mit einer Drohne Fotos von oben, die Wasserwacht steht für Evakuierungen in Bereitschaft.
Am Nachmittag hört der Regen auf und den Helfern gelingt die Stabilisierung der Lage. "Soviel Regen in so kurzer Zeit, hatten wir seit 1979 hier nicht mehr", stellt Felicitas Betz fest. "Das kam heftig und unerwartet."
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