Lokführer schwören auf die neue S-Bahn
16.5.2012, 00:00 UhrEin paar wenige Handgriffe genügen und Simone Hähnel kann sich entspannt zurücklehnen. Denn beim Ankuppeln an die S-Bahn-Garnitur vor ihr ist auch die Lokführerin im Führerstand nur Zuschauerin. Automatisch setzt sich der „Talent 2“ in Bewegung, rollt sachte vorwärts und kuppelt schließlich an die zweite Einheit an.
Natürlich können die neuen Fahrzeuge für das Nürnberger S-Bahn-Netz noch einiges mehr. So berechnet die Elektronik beispielsweise laufend, wie viele Fahrgäste sich in den Wagen befinden und stellt entsprechend die Bremskraft darauf ein.
Entsprechend wenige Hebel und Schalter finden sich in dem geräumigen Führerstand, dafür aber mehrere Displays, über die Hähnel und ihren Kolleginnen und Kollegen die Triebzüge steuern und überwachen.
Lange hat die Bahn in und um Nürnberg auf die neuen Fahrzeuge warten müssen. Eigentlich hätten die 42 „Talent 2“-Züge schon zum Start des erweiterten S-Bahn-Netzes im Dezember 2010 zur Verfügung stehen sollen. Bekanntlich kam es anders. Der Hersteller Bombardier hatte die Technik nicht im Griff. Bis Herbst 2011 fehlte die Zulassung durch das Eisenbahnbundesamt. Ein Großteil der knapp 300 bestellten „Talent2“ für zahlreiche Streckennetze in ganz Deutschland fehlt noch immer.
Lieferung für Nürnberg läuft
Doch darüber redet inzwischen keiner mehr bei der Bahn. Über Schadenersatz oder Preisnachlässe wird von der DB-Zentrale in Berlin aus still hinter den Kulissen verhandelt und in Nürnberg sind die Verantwortlichen von DB Regio Franken froh über den wachsenden Fuhrpark. Rund 30 der insgesamt 42 Züge sind inzwischen hier. Auf der Linie S1 zwischen Bamberg und Hartmannshof wird bereits über 70 Prozent des Verkehrs mit den „Talent2“ abgewickelt. Bis Mitte des Jahres soll neben der S1 auch die S3 nach Neumarkt umgestellt sein. Nur zwischen Ansbach und Nürnberg (S4) müssen sich die Fahrgäste noch bis Ende 2012 gedulden.
Angesichts der komplexen Technik an Bord müssen parallel zu der Auslieferung aber auch das Werkstattpersonal und die Lokführer geschult werden. 160 Frauen und Männer steuern bei DB Regio Franken die Züge. 103 sind bereits fit für den „Talent2“.
Die Einweisung dauert laut Ausbilder Heinrich Bierlein sieben bis acht Tage, je nach Vorkenntnissen. „Die ersten fünf Tage machen wir Theorie und Praxis am Fahrzeug“, sagt Bierlein. Danach geht es zwei Tage raus auf die Strecke, zum Abschluss muss eine Prüfung bestanden werden. Viel Raum bei der Schulung wird auch der Suche und Behebung von etwaigen Störungen an dem bis zu 160 Stundenkilometer schnellen Triebzug mit 4100 PS gewidmet, erklärt Bierlein.
Es sei allerdings ähnlich wie mit den neuen Autos: Klemmt wirklich etwas an der komplexen, digital gesteuerten Elektronik, „sind die Möglichkeiten der Einflussnahme begrenzt“. Da ist es wohl ganz gut, dass in der Regel immer zwei Züge aneinandergekoppelt fahren. Wenn alle Stricke reißen kann sich so der Lokführer selber abschleppen, sagt Bierlein.
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