Mit klingenden Klöppeln zu filigraner Spitzenkunst

16.2.2015, 20:00 Uhr
Mit klingenden Klöppeln zu filigraner Spitzenkunst

© Foto: Zimmermann

NÜRNBERG — Klack-klack, klack- klack. Klack-klack, klack-klack. In ruhigem Takt schlagen die Holzspulen aneinander. Es klingt wie eine Art Entspannungsmusik mit Klangstäben, wenn Galina Tihonova und ihre Mitstreiterinnen dem Fadenspiel frönen.

Jeden Dienstagnachmittag klingen die Klöppel in Nürnberg-Langwasser. Dort treffen sich einige der Damen aus dem fränkischen Klöppelverband in privatem Rahmen, um an ihren Fertigkeiten zu feilen. Neue Techniken der Spitzenkunst werden ausprobiert, fertige Arbeiten stolz der Gruppe präsentiert. Jede der Damen — die vier Männer im Verein klöppeln nicht — hat ihre persönlichen Vorlieben. Für Christbaum- oder Fensterschmuck, Arm- oder Halsbänder, für Kleidung, Deckchen oder Vorhänge.

Galina Tihonova, Vorsitzende des Vereins, klöppelt von Kindesbeinen an und beherrscht sämtliche Techniken der Spitzenkunst. Sie stammt aus dem russischen Vologda, einer Stadt, die für ihre Klöppelmanufakturen bekannt ist. Egal, ob Brüsseler-, Mechelner-, Valenciennes- oder Duchesse-Spitzen, sie weiß, wie es geht. An der Volkshochschule Forchheim gibt Tihonova Klöppel-Kurse. Bei den Treffen in Langwasser berät sie die Mitglieder des Vereins und hilft, wenn es mal nicht weitergeht.

In großer Runde treffen sich die rund 40 Aktiven lediglich ein paar Mal im Jahr. Man geht zusammen auf Messen, unternimmt Ausflüge ins fränkische Klöppel-Mekka nach Abenberg im Landkreis Roth, findet zum Schau-Klöppeln auf Veranstaltungen zusammen oder nimmt an Wettbewerben teil. Auch eine Zeitschrift mit dem Titel „Fadenspiel“ gibt der Verein heraus.

„Klöppeln ist eine Sucht“, erzählt Petra Schneider. Habe man einmal damit angefangen, könne man nicht mehr aufhören. Egal, wie viele Deckchen sich schon in der Schublade stapeln. Die Spitzenkunst sei für sie viel mehr als nur Handarbeit, betont die 61-Jährige: „Es ist ein Geduldspiel.“ Manchmal vergingen Monate, bis ein größeres Stück endlich fertig ist. Hin und wieder unterliefen einem Fehler. Dann müsse man zurückklöppeln. „Das ist dann sehr ärgerlich, aber nicht zu ändern“, seufzt Schneider. Denn eine Arbeit, die einmal begonnen wurde, muss immer zu Ende geführt werden. Das ist eine Art Ehrenkodex unter Klöpplerinnen.

Während Petra Schneider so erzählt, führen ihre Finger ein Eigenleben. Behände drehen und wenden sie die unzähligen Holzspiralen wie in einer Art Menuett über das Klöppelkissen. Das Fingerspiel erinnert an die filigranen Bewegungen von Marionettenspielern. Schneiders Klöppelkissen, eine etwa 20 Zentimeter hohe Stoffrolle, thront auf einem Holzpodest. Auf der Rolle ist mit vielen Nadeln der Klöppelbrief festgesteckt.

Diese Vorlage zeigt den Klöpplerinnen, in welche Punkte sie die Nadeln stecken müssen, um die Arbeit zu fixieren und zu straffen. An den Nadeln sind an unzähligen feinen Fäden die Klöppel befestigt.

Bei komplizierten Arbeiten, wie der von Schneider, sind es über 50. Es können aber auch mehrere Hundert sein. Doch wie behält man in diesem Wust von Fäden den Überblick? Galina Tihonova, die Vorsitzende des Fränkischen Klöppelverbands, winkt ab: „Wenn man die Technik einmal beherrscht, ist es so leicht wie Stricken“, sagt sie. Die Grundschläge seien simpel, der Rest reine Übungssache. „Entweder dreht man die Klöppel oder kreuzt sie, das ist schon alles“, erklärt die Expertin.

Kreative Leistung

Durch Drehen und Kreuzen der immer paarweise verwendeten Holzspiralen entspinnt sich auf dem Kissen ein flaches feingesponnenes Muster. Vorlage dazu ist die Zeichnung auf dem Klöppelbrief. Früher wurden diese Vorlagen als kreative Leistung einiger weniger Könner der Spitzenkunst hoch gehandelt. Sie dienten den Manufakturen als Schnittmuster für die massenhafte Produktion.

Noch heute besteht Urheberrecht auf selbst gefertigte Klöppelbriefe. Doch in Zeiten des Internets habe sich das ein wenig relativiert, erzählt Tihonova. Die 56-Jährige zeichnet und vertreibt noch immer eigene handgezeichnete Briefe. Meist übers Internet.

Überhaupt das Internet. Ohne Netz hätten die Vereinsmitglieder nie zusammengefunden. Und ständig stoßen neue Interessenten auf diese Weise dazu. So wie Anne Geyer, 83 Jahre alt. „Ich wollte Klöppeln lernen, habe gegoogelt und fand Galina Tihonova“, erzählt sie. Geyer ist der lebende Beweis, dass es für das Erlernen der Spitzenkunst nie zu spät ist. Die rührige Seniorin klöppelt wie eine Weltmeisterin.

„Ich finde das Spiel der Klöppel hinreißend.“ erzählt sie. Es habe etwas Meditatives. Ob in Gesellschaft oder allein zu Hause. Man sei beschäftigt und könne trotzdem seinen Gedanken nachhängen. „Es ist Training für Hirn und Hände gleichermaßen.“

Weitere Informationen unter www.kloeppeln-in-franken.de

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