Auch Geimpfte mussten sich täglich testen
Nach Chaos wegen neuer Testpflicht in Praxen: Gesundheitsminister kippen Regelung
25.11.2021, 12:27 UhrNicht nur die Beschäftigten im Gesundheitswesen, die in Praxen und Kliniken derzeit an vorderster Front stehen, laufen Sturm gegen eine Regelung im neuen Infektionsschutzgesetz, sondern auch sämtliche Gesundheitsminister der Länder begehren auf: Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat den Bundesgesetzgeber nun einstimmig dazu aufgefordert, den ominösen Paragrafen 28b Absatz 2 des Infektionsschutzgesetzes zu ändern, der in diesen Tagen für viel Chaos, Unmut und Unsicherheit sorgt.
"Unzumutbare Belastungen"
Darin steht etwa, dass Beschäftigte im Gesundheitswesen ihre Arbeit nur antreten können, wenn sie einen negativen Testnachweis vorlegen können. Geimpfte und Genesene können die Schnelltests dafür zwar selbst eigenverantwortlich durchführen, sind aber dazu verpflichtet, dies täglich vor Arbeitsantritt zu wiederholen. Nur bei offiziellen PCR-Tests genügen zwei Tests pro Woche.
"Eine tägliche Testung vollständig immunisierter Beschäftigter führt zu unzumutbaren Belastungen der durch die Pandemie ohnehin schon belasteten Bereiche. Die Testkapazitäten sind nur begrenzt verfügbar und insbesondere sind auch die Laborkapazitäten durch die hohen Inzidenzen in zahlreichen Ländern bereits ausgeschöpft", teilt die GMK nun mit.
Die Gleichstellung von geimpften und ungeimpften Personen bei der Testpflicht senke außerdem die Motivation zur Impfung. Eine generelle Testpflicht auch für geimpfte und genesene Beschäftigte im Gesundheitswesen hält die GMK dabei durchaus für angemessen, da auch von ihnen ein Risiko zur Verbreitung des Virus ausgeht. Um dieses Risiko einzudämmen, genügen laut GMK allerdings zwei Schnelltests pro Woche.
Wer zahlt für die Tests?
Die Gesundheitsminister fordern den Bundesgesetzgeber deshalb dazu auf, umgehend klarzustellen, dass für die immunisierten Beschäftigen im Gesundheitswesen eine Testung zwei Mal wöchentlich mit einem vom Arbeitgeber bereitgestellten Antigen-Schnelltest in Eigenanwendung ausreichend ist. Auch die gesetzliche Regelung solle dafür korrigiert werden, und zwar so, dass auch die vollständige Refinanzierung der Tests gesichert sei.
Die Gesundheitsminister sagen überdies einstimmig, dass die Regelungen im Gesetz ab sofort nur noch im angestrebten, beschriebenen Sinne angewendet werden sollen, auch wenn das Gesetz offiziell weiterhin besteht.
Ohnehin hatten einige Bundesländer, darunter auch Bayern, bereits Moratorien gegen die mit dem Gesetz verbundenen, umfassenden Dokumentations- und Berichtspflichten verhängt. "Bürokratie und Pandemie vertragen sich nicht, insbesondere angesichts der vollen Praxen und Krankenhäuser. Hier wurde ein Bürokratiemonster erschaffen", beklagte sich Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU).
Brauchen auch Begleitpersonen einen Test?
Zusätzlich für Aufruhr, vor allem bei vielen Eltern, sorgte die vielerorts verbreitete Information, dass auch geimpfte Begleitpersonen einen aktuellen Test brauchen. Viele sahen sich schon mit ihren kranken Kindern noch vor dem Arzttermin zu einer Schnelltest-Station rennen - was nicht nur nervlich, sondern eben oft auch organisatorisch und zeitlich kaum machbar ist.
Doch nicht nur die Eltern waren verunsichert, sondern auch viele Praxisinhaber. Mancherorts wurden tatsächlich nur noch Begleitpersonen mit aktuellem Test eingelassen. Selbst die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns konnte ihren Mitgliedern da nicht wirklich weiterhelfen und teilte noch am Mittwoch, 24. November, mit, dass unterschiedliche, sich teilweise widersprechende Informationen verbreitet worden seien. "Wir befinden uns derzeit in der Klärung und bitten Sie, den Umgang mit Ihrem Personal und Besuchern der Praxis wie gewohnt fortzuführen", teilte die KVB mit.
Dass die Testpflicht zumindest für Patienten nicht gilt, war immerhin klar. "Es gibt eine Behandlungspflicht, da darf es keine 3G-Regelung geben. Wer krank ist, kann zum Arzt gehen", stellt KVB-Sprecher Axel Heise klar.
"Besucher" brauchen tagesaktuellen Test
Doch auch Eltern und andere potenzielle Begleitpersonen, etwa von älteren Patienten, können nun aufatmen: „Die Testpflicht bezieht sich auf Beschäftigte von Praxen, aber nicht auf Patienten und Begleitpersonen“, betont ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums.
Einen tagesaktuellen Testnachweis, unabhängig vom Impfstatus, benötigen dagegen bloße "Besucher" von Praxen. Das können etwa Handwerker sein, die in den Räumen tätig sind, oder auch Personen, die medizinische Geräte warten wollen.