Nach Shitstorm: Gemeinderat entschuldigt sich bei Klaus-Peter Weber
15.6.2019, 06:00 UhrJetzt will Klaus-Peter Weber nur noch seine Ruhe "Dieser ganze Kokolores hat mich doch mehr Kraft gekostet, als ich mir zunächst eingestehen wollte", sagt der Bauunternehmer, der in diesen Tagen seinen 66. Geburtstag feiert. Die Debatte im Gemeinderat von Schwarzenbruck vor den Pfingstfeiertagen, die Angriffe auf seine Person und die möglichen Auswirkungen auf seine Firma – all das hat den Video-Blogger sichtlich mitgenommen.
Normalerweise ist Weber kämpferischer. In seinen Beiträgen auf Facebook und YouTube kommentiert der in Leipzig geborene und in Berlin aufgewachsene Geschäftsmann seit einigen Monaten das Zeitgeschehen. Manchmal polemisch, wenn er etwa vorrechnet, wie viele deutsche Durchschnittsverdiener ein Jahr lang arbeiten müssen, um einen speziellen Abschiebeflug für zwei Flüchtlinge zurück zur Elfenbeinküste zu finanzieren; manchmal auch witzig, wenn er einer Stoffpuppe namens Kevin erklärt, dass die Kollektivierung von Konzernen volkswirtschaftlich eine ziemlich blöde Idee ist.
Von seinen Anhängern wird der Video-Blogger mit der Berliner Schnauze für seine Authentizität gefeiert, seine Kritiker unterstellen ihm, ein fremdenfeindlicher und rechtspopulistischer Hetzer zu sein. Und vergangene Woche erreichte diese Kontroverse den Gemeinderat von Webers Heimatort im Nürnberger Land.
Benefizkonzert abgesagt
Wie berichtet, hatten einige Zuhörer in der vorangegangenen Bürgerfragestunde gefordert, dass die Gemeinde nicht mehr mit Weber zusammenarbeitet. Zum Beispiel bei einem von dem Unternehmer organisierten Benefizkonzert von Jürgen Drews, das Weber schließlich aus gesundheitlichen Gründen absagte. Als sich der Gemeinderat einstimmig von den Inhalten in Webers Videos distanzierte, gab es stehenden Applaus.
Von der Dimension des darauffolgenden Shitstorms wurden die Protagonisten kalt erwischt. Hunderte von kritischen Kommentaren gingen auf den Facebook-Seiten der Gemeinde, der örtlichen Tageszeitung und einzelner Weber-Gegner ein, während der zumindest indirekt zur Persona non grata erklärte Geschäftsmann mit juristischen Konsequenzen drohte. Bürgermeister Bernd Ernstberger (SPD) beauftragte daraufhin einen Fachanwalt für Strafrecht, stichprobenartig und nach eigener Auswahl die umstrittenen Videobotschaften auf strafrechtliche Relevanz zu prüfen.
Das Gutachten des Juristen liegt nun vor und ist eindeutig: "Kein einziges von mir gesichtetes Video, welches Herr Peter Weber ins Netz gestellt hat, eröffnet nach meiner Auffassung auch nur den Anfangsverdacht einer Straftat", lautet das Fazit des Fachmanns. Und weiter: "Man mag die Ansichten des Herrn Weber teilen oder nicht. Anhaltspunkte für eine Strafbarkeit der von mir gesichteten Veröffentlichungen gibt es nach meinem Dafürhalten nicht."
Bernd Ernstberger ist die Causa Weber hörbar unangenehm: "Wir waren alle sehr verunsichert, was die rechtliche Seite betrifft. Uns ging es bei dieser Entscheidung allein darum, Schaden von der Gemeinde abzuwenden", beteuert der Schwarzenbrucker Rathauschef. Zudem legt er Wert auf die Tatsache, dass sich der Gemeinderat ausschließlich von den Inhalten von Webers Videos distanziert hatte, nicht von Weber selbst – "das ist ein himmelweiter Unterschied!"
Nichtsdestoweniger tut ihm vor allem das denkbar schlechte Timing dieser Entscheidung leid. Während die Sitzung im Schwarzenbrucker Rathaus begann, wurde Weber ins Krankenhaus eingeliefert. Vom Beschluss des Gremiums erfuhr er, als er auf der Schlaganfallstation lag. "Dass dann jemand persönlich verletzt ist wie ein angeschossener Löwe, ist ja logisch", sagt Ernstberger, der inzwischen auch offiziell Abbitte leistete.
In einer gemeinsamen Erklärung haben sich der Bürgermeister und die Sprecher der Fraktionen von CSU, SPD und Freie Wähler nun bei Klaus-Peter Weber für die Diskussion und den daraus resultierenden Beschluss entschuldigt. Bei einem Treffen im Sitzungssaal des Rathauses sagte Ernstberger, dass er es sehr bedauere, "dass wir heute zu dieser Form der Erklärung greifen müssen, um Dinge richtigzustellen". Es habe nicht in der Absicht des Gemeinderates gelegen, den erfolgreichen Unternehmer oder die Privatperson Weber zu beschädigen.
Der Erklärung, die auch auf Video aufgezeichnet wurde und die ab heute im Netz, unter anderem auf der Homepage der Gemeinde, zu finden ist, schließen sich die Schwarzenbrucker Grünen allerdings nur teilweise an: Man freue sich über die Einigung bei der Ablehnung extremistischer Botschaften in jeder Art und Weise, heißt es in einer Stellungnahme von Gemeinderätin Ursula Beck. In einem Vorabgespräch mit Weber sei jedoch das gleiche Recht der Grünen auf Meinungsfreiheit betont worden, das auch der Video-Blogger in Anspruch nehme. "Daher ist eine Entschuldigung aus unserer Sicht, beim Recht der freien Meinungsäußerung, nicht notwendig", schreibt Beck.
Demonstration von Gelbwesten
Weber will die Sache nun aber auf sich beruhen lassen, zumal ihm von Kritikern unterstellt wurde, er distanziere sich nicht von Gruppen mit extrem rechtem Gedankengut. "Wie soll ich mich von etwas distanzieren, wenn ich gar nichts davon weiß?", fragt sich der Unternehmer angesichts der Tatsache, dass Debatten in sozialen Netzwerke inzwischen ganz schnell auf die reale Welt durchschlagen können.
So hatte am Pfingstmontag eine Gruppe der Gelben Westen Nürnberger Land, eine in einer mittlerweile geschlossenen Facebook-Gruppe agierende Vereinigung, für Weber in Schwarzenbruck demonstriert. Unter den etwa 30 Teilnehmern waren angeblich auch einige Personen aus dem Dunstkreis von NPD und Pegida Nürnberg. Die Polizei stellte die Personalien einiger Demonstranten fest, die Kundgebung löste sich dann relativ schnell auf.
"So was ist mir natürlich unangenehm, denn das ist ja gerade das, was ich nicht will", sagt der parteilose Internet-Aktivist, der sich selbst als "Freigeist für Demokratie" bezeichnet und der sich in seinen Videos oft gegen rechts- und linksextremistische Umtriebe ausspricht. Eine Agentur reinigt Webers Facebook-Seite denn auch regelmäßig von fremdenfeindlichen und extremistischen Hasskommentaren. "Ich habe gar nicht die Zeit dazu, und wenn ich all diesen Müll lesen müsste, würde ich wahrscheinlich krank", sagt Weber.
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