Die "Lindenstraße" und ihre Wurzeln in Neustadt
13.12.2018, 18:26 UhrIn sie mochten in ihren Anfängen Personen und Beziehungen rund um den "Tabor", eine von evangelischen Pfarrersfamilien bewohnte Reihenhaussiedlung, eingeflossen sein, Geißendörfer dort Erlebtes "verarbeitet" haben. Die heute 93-jährige, geistig sehr rege Frau Luise Beyerlein hat im Tabor den jungen Hans W. Geißendörfer als Buben erlebt, wie sie es als Lindenstraßenfan, der keine Folge versäumte, im Interview zu dem Filmprojekt schilderte, dabei Parallelen zwischen "Mutter Beimer" und Geißendörfer's Mutter zog.
Auch die Sängerin, Autorin und Kabarettistin Brigitte McNeill ist „Lindenstraßen-Kennerin der ersten Stunde“ und sammelte jetzt mit Walter Gramming und Uschi – ushi f – Frank sowie Killen McNeill Gast in der Lindenstraße – genauer gesagt in den Kölner Lindenstraßenstudios – Material für ihre Filmidee "Die Neustädter und die Lindenstraße".
Nach einer Führung durch die 2500 Quadratmeter großen Lindenstraßenstudios des WDR mit Öffentlichkeitsreferentin Ilonka von Wisotzky, bei der man auch einen Dreh mit dem rollstuhlfahrenden Dr. Dressler miterleben durfte, empfing Hans W. Geißendörfer gut gelaunt die Gäste aus der fränkischen Heimat. Bei Fragen nach seinen Neustadtbezügen war ihm das Café Bayer in bester Erinnerung. Am lebendigsten schilderte er seine Pfadfinderzeit, die seine ganze Jugend prägte.
"Bratwürste, am liebsten auf der Kirchweih"
Bratwürste, kam es wie aus der Pistole geschossen, am liebsten auf der Kirchweih, auf die Frage von Brigitte McNeill nach seinem Lieblingsessen. Geißendörfer erzählte von seinem ersten 16mm Film und wie er schließlich die ARD für seine Serie begeisterte durch den sensationellen Minutenpreis! Von deren traurigem Ende ist ihr Schöpfer noch keineswegs überzeugt - "solange denen nichts Besseres einfällt auf diesem Sendeplatz!"
Nach einigen Erinnerungsfotos an denkwürdigen Türen der "Lindenstraße" hatten die Gäste die Gelegenheit, ein Interview mit Marie-Luise Marjan zu drehen. Sie verbindet eine Familie mit Würzburg, ihre wirkliche Familie, wie sie das auch in ihrer kürzlich veröffentlichten Biografie beschreibt.
Diese, mit 78 Jahren strahlend energische Frau ist "Mutter Beimer" beileibe auch privat, schildert Walter Gramming seine Eindrücke: "Sie strotzt vor Kraft und Ausdruck und erzählt als erstes lachend von all den Blessuren, die ihr die Lindenstraße verpasst hat, zuletzt ein noch immer steifer Finger der ihr blieb, als sie mit ‚Rivalin‘ Anna um ein Halstuch stritt. Eine Rose im Bad Kissinger Kurpark ist - zu Recht - nach ihr benannt. Zuletzt erwähnt sie die Kinderpatenschaften und ihre Stiftung mit strahlenden Augen" – und dem Versprechen eines Wiedersehens in Neustadt.
Die kleine, ehrenamtliche Gruppe um Walter Gramming, will den Stoff für den Film zum Heimatfest neben Hans W. Geißendörfer – der mit der Lindenstraßenserie immer wieder Tabus und gesellschaftlich relevante Themen aufgriff, die in Neustadt nicht nur Fernsehunterhaltung, sondern auch Stoff für gesellschaftliche Diskussionen sein sollten – an Dr. Wolfgang Mück. Ein Flüchtlingskind nach dem Zweiten Weltkrieg, unter ärmlichsten Verhältnissen aufgewachsen, isoliert und geächtet ... und schließlich Bürgermeister Neustadts.
Neue Lebensqualität geschaffen
In der filmischen Betrachtung geht es im Fernsehen bei Hans W. Geissendörfer, um ein sich medial ins Verhältnis setzen mit der Wirklichkeit“ und bei Wolfgang Mück um "das Bewirken realpolitischer Veränderung", so Gramming mit daraus resultierenden Fragen: "Wie veränderte sich die Stadt durch das Engagement von Mück, wie verändert Geißendörfer den Blick aufs Leben, und welche neue Lebensqualität haben beide geschaffen?"
Da lokal gesehen Hans W. Geißendörfer und Dr. Mück "die vielleicht interessantesten Zeitgenossen ihrer Art“ könnte ein Film über die Lebenslinien beider Hauptprotagonisten zum Heimatfest 2020 ein höchst willkommener Beitrag“ sein, war es der Ansatz zu dem Projekt. Schließlich drückten beide die gleiche Schulbank und waren auch im selben Jahr "sitzengeblieben“, "weil Beide ganz andere Dinge im Kopf hatten“. Sie verließen die Schule in verschiedene Richtungen und in andere Gymnasien. Mück hatte seinen Schwerpunkt damals bei den Katholischen Pfadfindern und Geißendörfer gründete in Windsbach die evangelische Pfadfinderschaft mit.
Aus Scheitern Erfolge machen!
Diese Lebensparallelen "aus dem Scheitern Erfolge“ zu machen sind nicht die einzigen Gemeinsamkeiten, beide treffen sich später zur Ferienarbeit im Sägewerk und stapeln Nut- und Federbretter oder tauschen schon als junge Männer Meinungen und Erfahrungen aus im "Café Bayer“, eine Legende in Neustadt und eine noch lebende Legende in der "Lindenstraße“. Gramming: "Geißendörfer und Mück sollen sich im Film noch einmal treffen und über gestern und heute plaudern“.
In Neustadt wird es noch verschiedene Interviews geben. Treue Lindenstraßen-Fans wie das Bürgermeisterpaar Meier, oder gar eine ehemalige Statistin der Lindenstraße und vormalige Bürgermeisterin, Claudia Platzöder. Der ehemalige Besitzer des Café Bayer kann erzählen von den Zeiten, als das Café "aus den Nähten platzte von Gymnasiasten“. Und Nils, der Großneffe Geißendörfers hat bereits vor unserer Kamera gestanden und über sein Praktikum in der "Lindenstraße“ berichtet. Seine Großmutter Gertraud Geißendörfer, Schwägerin von "Hans W.“ zeigt Fotos aus der Kindheit und Jugend der beiden Brüder Geissendörfer.
2020 Filmessay in Schloss-Museen
Auf Neustadt's schönem Marktplatz werden noch spontane Stimmen zur "Lindenstraße“ eingefangen und dann ist auch irgendwann mal gut ...!, macht es Walter Gramming schon jetzt spannend um das etwa 60-minütige Filmessay, das beim Heimatfest 2020 in den "Museen im Alten Schloss“ innerhalb einer kleinen Ausstellung mit reproduzierten alten Fotos von den Geißendörfers und dem Tabor gezeigt werden wird.