Drittes Reich
Wie der Hesselberg zur braunen Kultstätte wurde
26.4.2016, 13:40 UhrIm Museum Kirche in Franken wird derzeit eine Ausstellung über den Hesselberg und seine Rolle im Dritten Reich gezeigt. Greif hat sich in seiner Doktorarbeit intensiv mit den Frankentagen auf dem Hesselberg beschäftigt. Dabei stellte sich dem Historiker die Frage: Warum wird so ein Ort zur Kultstätte? Mit knapp 690 Metern ist der Hesselberg die höchste Erhebung in Mittelfranken. Er liegt vier Kilometer nordwestlich von Wassertrüdingen. Bei seiner Besichtigung fiel Greif als erstes die Schönheit des Ortes auf. Die hatten schon Menschen vor 200 Jahren erkannt. Es gibt sogar einen Roman, der davon handelt, wie Gustav Adolf auf dem Hesselberg wandelte. Dem berühmten Schwedenkönig wurde dort sogar ein Denkmal errichtet. Doch ein Schlägertrupp der Nazis aus Wassertrüdingen hat dieses gesprengt.
Preußischer König zu Besuch
Greif begann seine Geschichte des Hesselbergs mit dem 10. Juni 1803. Damals bestieg der preußische König Friedrich Wilhelm III. den Hesselberg als Teil eines Besuchs seiner fränkischen Ländereien. Zum Andenken stiftete der Monarch die Hesselbergmesse. Im Zuge eines Ländertausches wurde die Region 1806 Teil des Königreichs Bayern.
In einem Bild zeigte der Historiker die Holzöder Hütte, später Anlaufstelle für den fränkischen Gauleiter Julius Streicher. Bereits ab 1870 fanden auf dem Hesselberg politische Veranstaltungen statt. Den größten Zulauf hatten in den 1920er-Jahren die Vaterländischen Tage.
Damit stellte sich für Dr. Greif die zweite Frage: Warum wurde der Hesselberg zum braunen Berg? Die Antwort lieferten ihm die berauschenden Wahlergebnisse der Nationalsozialisten in Dinkelsbühl, Rothenburg und Uffenheim. Zu einer braunen Stätte hatte sich schon die Burg Hoheneck entwickelt. Es gab auch Feldgottesdienste in Schillingsfürst. Streicher, der sich selbst als größten Anti-Semiten aller Zeiten bezeichnete, hatte schon sehr früh den Hesselberg ins Herz geschlossen und machte ihn zum politischen Versammlungsort. Am Frankentag stand der Gauleiter bei seinen Reden im Mittelpunkt. Selbst innerhalb der Nazi-Elite war Streicher umstritten. Allerdings genoss er die Gunst Adolf Hitlers.
Unter Streichers Federführung fand am 13. Juli 1930 der erste Frankentag mit Parteikundgebung statt. Auch Hitler war anwesend. Diese Versammlungen wurden 1932 verboten. Doch statt in Nazi-Uniformen, kamen die Anhänger mit gewöhnlichen Hemden auf den Berg. Nach der Machtübernahme der NSDAP wurden die Frankentage von 1933 bis 1939 jährlich abgehaltenen. Diese waren neben den Nürnberger Reichsparteitagen die größten NS-Kundgebungen in Franken. Auf der Osterwiese hörten bis zu 100 000 Besucher Streichers antisemitische Reden.
Tänze und Preisausschreiben
Damals bekam der Hesselberg den Titel Heiliger Berg der Franken. Greif zeigte Bilder vom Volksfestprogramm am Sonntagvormittag: Dazu gehörten unter anderem Rhönradfahren, Gymnastikübungen und Volkstänze, die allesamt in großen Gruppen präsentiert wurden. Zudem dienten Preisausschreiben als Lockmittel. Am Nachmittag fand dann der Aufstieg zum Hesselberg für die Kundgebungen statt. Diesen bewältigten die meisten Teilnehmer zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Im Berliner Bundesarchiv fand der Historiker auch einen Stummfilm über den Frankentag 1934, der ein Jahr später in den deutschen Kinos gezeigt wurde. Diesen sahen auch die Besucher in der Spitalkirche.
Damit möglichst viele Menschen die Frankentage erleben konnten, wurde extra der Bahnhof von Wassertrüdingen ausgebaut. Für den Hesselberg hatte Adolf Hitler eine Vision: Nach dem Krieg sollte dort eine Adolf-Hitler-Schule errichtet werden. Doch nach seiner Machtergreifung hatte sich der Führer nicht mehr dort blicken lassen.
Die Frankentage waren zwar um eine Nummer kleiner als der Reichsparteitag in Nürnberg. Doch Streicher sah sich mehr als Religionsführer, der die Nazi-Ideologie predigen wollte, erklärte der Historiker. Seine Reden konnte Streicher nicht in Bierzelten halten. Er sah sich als Bergprediger. Vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs konnten die Nationalsozialisten auf dem Hesselberg nur ein Verwaltungsgebäude mit Garage fertigstellen. Diese Garage nutzten später die auf dem Berg untergebrachten Flüchtlinge als Kapelle.
Seit 1951 befindet sich der Hesselberg in kirchlichen Händen. Mit der Gründung der Evangelischen Landvolkshochschule und der Premiere des Bayerischen Evangelischen Kirchentags sollte der Hesselberg mit anderen Werten besetzt werden. Der Bereich um den Hauptgipfel diente außerdem von 1945 bis 1992 den US-Streitkräften als Radarstation.
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