Hass-Demo gegen "Drachenlord": Jetzt greift das USK ein
20.8.2018, 21:15 UhrDie aktuelle Lage: Gegen 20.30 Uhr griff das Unterstützungskommando (USK) der bayerischen Polizei ein. Ein Großaufgebot kesselte einen Teil der Demonstranten ein und führte mehrere Menschen ab. Zuvor zündeten bislang Unbekannte Böller in der Nähe des Anwesens des "Drachenlords". Parallel dazu geriet Fläche von mehreren Quadratmetern in Brand. Auch deshalb wurde die Emskirchener Feuerwehr alarmiert - sie wird mit vier Fahrzeugen noch die ganze Nacht Wache halten. "Die Situation ist angespannt", sagen Augenzeugen. Das USK, das vom DFB-Pokalspiel in Fürth abgezogen wurde, bleibt wohl sicherheitshalber die ganze Nacht vor Ort.
Es sind Szenen, wie sie der kleine Ort Altschauerberg im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim wohl noch nie erlebt hat. Ein Polizeibus reiht sich an den nächsten, eine Hundestaffel ist im Einsatz, rund 150 Menschen wurde bereits ein Platzverweis erteilt. Es geht: um einen YouTuber, genauer um den "Drachenlord". Seit Monaten liefert sich der selbsternannte Internet-Star Scharmützel mit seinen "Hatern", mit Menschen, die seine Netzaktivitäten kritisieren. Dort veröffentlichte der junge Mann seine Adresse, um "das persönlich zu klären, wenn die Nutzer sich trauen". Seitdem eskalieren die Zusammentreffen regelmäßig.
Das aber, was sich seit Montagvormittag in Altschauerberg abspielt, hat eine neue Qualität, da sind sich alle Verantwortlichen einig. Hunderte "Hater" trafen sich dort zu einer Hass-Demo mit dem Titel "Dem Drachen das Fürchten lehren". Rund 9700 kündigten sich in einer Veranstaltung auf Facebook an - ganz so viele sind es nicht geworden, die Polizei hat aber dennoch alle Hände voll zu tun.
Immer wieder Übergriffe auf den "Drachenlord"
Bereits vor Tagen erließ das Neustädter Landratsamt ein Versammlungsverbot. Im Eilverfahren wollten sich die Initiiatoren der Demonstration dagegen wehren - scheiterten jedoch. Am Montagnachmittag fällte das Bayerische Verwaltungsgericht in Ansbach eine Entscheidung, lehnte den Antrag ab. "Die Gefährdungsprognose (...) ist durch konkrete Ereignisse hinreichend belegt", begründen die Richter ihren Entschluss.
Der Antragssteller argumentierte, die Demonstration sei "nur ein führerloses Kollektiv friedlicher Schaulustiger". Das sieht das Gericht aber anders - und hat allen Grund dazu. Immer wieder kam es zu Übergriffen auf den "Drachenlord", auch eine Belohnung für die Ermordung des YouTubers wurde ausgerufen. Der Fall beschäftigte vor gut zwei Jahren auch das Landgericht Nürnberg-Fürth.
150 Platzverweise bereits am Morgen
Die Gemengelage ist explosiv. Deshalb fuhren in Altschauerberg am Montag auch Kräfte der Bereitschaftspolizei vor. Sie riegelten den kleinen Ort komplett ab, kontrollierten alle Zufahrtsstraßen. Nur so könne man das Versammlungsverbot durchsetzen, argumentiert die Polizei. Bis mindestens Dienstag, 12 Uhr, dürfen nur noch Anwohner in das Dorf.
Unter anderem setzt die Einsatzleitung dabei auch auf eine Hundstaffel, bereits bis zum frühen Morgen wurden 150 Platzverweise erteilt. Es kam zu Sachbeschädigungen, Verkehrszeichen wurden etwa abmontiert. Ein Mann wurde vorübergehend von der Polizei in Gewahrsam genommen, weil er sich den Behörden widersetzte.
"Hoffentlicht versteht er dieses Signal"
"Die Bürger haben ein Recht auf einen störungsfreien Tag", sagte Thomas Klein, stellvertretender Chef der Neustädter Polizeiinspektion. Er betont, dass man vor allem wegen der Anwohner hier sei. Einen verantwortlichen Veranstalter gibt es nicht, die Behörden haben deshalb keinen Ansprechpartner. Bereits 2016 hatte es insgesamt sechs ähnliche Veranstaltungen gegen den Drachenlord gegeben, die störungsfrei verliefen. Seit Wochen ist die Polizei fast täglich in dem Ort unterwegs.
Die Demonstranten kommen aus halb Europa, von Hamburg bis München, von Straßburg bis Wien - und sehen ihre Aktion "als Mahnung an den Rainer (Vorname des "Drachenlords", Anmerkung der Redaktion), aus dem Netz zu verschwinden". Sie drohen ihm, auch, weil er in seinen Videos den "Holocaust nice" finde. Der Großteil der "Hater" betont, friedlich zu sein. Man wolle dem "Drachenlord" nichts Böses. "Hoffentlich versteht er dieses Signal und hört auf", sagt etwa einer auf nordbayern.de-Nachfrage. Doch immer wieder werden auch Tabus gebrochen, etwa Scheiben eingeworfen oder Gewalt verherrlicht. Die Polizei ist gewarnt.
Die Anwohner sind genervt von den Scharmützeln. Sie sehen den Täter geschützt - und sich selbst in der Opferrolle. In den vergangenen Monaten verirrten sich tagsüber nur kleinere Gruppen nach Altschauerberg, vor allem in den Abendstunden eskalierte die Situation immer häufiger.
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