20. Juli 1970: Die Gartenfeste fanden im Haus statt
20.7.2020, 07:00 UhrEinheimische bevölkerten die Parks, viele Fremde die Innenstadt. Zum ungestörten Feiern brauchte es ein festes Dach über dem Kopf. Die Absolventen der Peter-Vischer-Schule, die im Heilig-Geist-Spital ihre Zeugnisse erhielten, und die Löhe-Schülerinnen, die zum Jahrmarkt ins Haus an der Zeltnerstraße gebeten hatten, scherte das Wetter ebenso wenig, wie die 300 europäischen Vespa-Fahrer, die in Nürnberg ihre Endläufe um den Turnier- und Trial-Pokal austrugen. Sie tanzten in der Club-Gaststätte und während ihrer sportlichen Übungen regnete es gottlob nicht. Zu den Wettergeschädigten zählten die Freibäder, die Wirte, die ein gutes Gartengeschäft erwartet hatten, und der TSV 1846 wegen seines Strandfestes am Gestade des Langsees in Erlenstegen. Das Treffen fiel aus.
Auch zahlreiche private Gastgeber, die am Samstagabend Freunde und Bekannte zum fröhlichen Umtrunk im Garten um sich scharen wollten, schickten umsonst flehentliche Blicke zum Himmel. Es blieb kühl und unfreundlich. Deshalb mußten die Parties ins Haus verlegt werden. Wer wollte schon bei 15 Grad – eine Temperatur, die die Flugwetterwarte am 18. Juli gegen 20 Uhr vom Thermometer ablas – im Freien frieren und dazu noch kühles Bier trinken. Schon der Gedanke verursachte eine Gänsehaut.
Besser dran waren da schon die Mitbürger, die am Samstag die unwirtlichen fränkischen Gefilde verließen und mit dem Flugzeug in den Urlaub starteten. Zwei Maschinen nach Palma, eine nach Rimini und eine nach Constanze verließen den Flughafen. Hoffentlich erfüllen sich die Sonnenerwartungen der Passagiere, denn auch die Nachrichten aus dem Süden sind nicht ermutigend.
Bei so viel Kälte traten auch die Kauflustigen, die samstags die Innenstadt zu bevölkern pflegen, nicht allzu sehr in Erscheinung – und dies, obwohl es wenigstens am Samstagvormittag noch einigermaßen erträglich ausgesehen hatte. Freilich: die frühe Sonne war matt und hatte wenig Wärme, so daß um diese Tageszeit auch passionierte Biertrinker lieber Cafés aufsuchten.
Wer schließlich gestern abend doch noch seine Wochenend-Geselligkeit in einer Wirtschaft retten wollte, sah sich zumindest beim Verlassen einer bösen Überraschung gegenüber: abermals hatte Petrus seine Schleusen geöffnet und Pessimisten konnten triumphieren: sie hatten sicherheitshalber Schirme mitgenommen. Die weniger Vorsorglichen durften dafür guten Gewissens zu Hause einem Grog zusprechen, als Vorbeugung nämlich. Jedenfalls waren sich die Nürnberger in ihrem Schimpfen aufs Wetter an diesem Wochenende einig wie nie zuvor, und Einigkeit herrschte auch unter Fachleuten und Laien: es hat leider gar nicht den Anschein, als ob sich die Witterung in der nächsten Zeit bessern würde. Vorerst dürfen die Badehosen verpackt bleiben.