Will für das Thema sensibilisieren
22 Minuten ohne Puls: Herz von Ex-U20-Kapitän der Ice Tigers setzt aus - „Ich hatte riesiges Glück“
8.12.2024, 17:36 UhrAm 11. April 2024 ändert sich das Leben von Florian Möll schlagartig: Er nimmt an einem Eishockey-Turnier in Budapest (Ungarn) teil. Im Sommer 2023 hatte er das Studium zum gehobenen Dienst bei der Polizei angefangen, an diesem Tag steht er deswegen auch für die Polizei-Nationalmannschaft auf dem Eis. Gegen 19 Uhr an dem Abend, nachdem er schon ein Tor gemacht hat, muss er auf die Bank und klatscht seinen Trainer noch ab. "Als würde ich mit 150 km/h Karussell fahren", erinnert sich der 21-Jährige an die plötzliche Schwindelattacke, nach der er das Bewusstsein verloren hat. Darauf folgen 22 Minuten ohne Puls für Florian Möll.
Florian Möll überlebte diesen Vorfall nur aus einem Grund: "Ich hatte einfach Glück, dass die richtigen Leute neben mir standen", erzählt er. Mit den richtigen Leuten meint er Sanitäter, die mit einem Defibrillator ausgestattet waren. Nach sechs Schockabgaben und 22 Minuten hat der Eishockey-Spieler zwar wieder einen Puls, ist aber noch immer bewusstlos. "Wie sich später herausstellte, hatte ich Kammerflimmern und ohne einen Defibrillator wäre ich heute nicht mehr am Leben."
Im Krankenhaus wurde der angehende Polizist für einen Tag in ein künstliches Koma gesetzt. An das Aufwachen kann er sich noch erinnern: "Ich habe geträumt, dass ich auf dem Feld stand und ich mich beeilen muss. Das Feld wurde immer kleiner und ich musste aus der Halle springen". Der Sprung im Traum war der Moment, als der Intubationsschlauch entfernt wurde und Florian Möll aus dem Koma aufgewacht ist.
Er war U20-Kapitän der Ice Tigers
Eishockey hat im Leben von Florian Möll seitdem er zehn Jahre alt war, einen festen Platz. Von 2018 bis 2023 lebte Möll in Nürnberg und spielt bei den Ice Tigers Juniors, er war auch Kapitän der U20-Mannschaft. Noch immer hat er hier eine Wohnung und verbringt einen Großteil seiner Zeit in Franken. Als er im Sommer 2023 sein Studium bei der Polizei in Stuttgart angefangen hat, musste er auch den Verein wechseln und stand seitdem für die Pforzheim Bisons auf dem Eis.
Mehrere Wochen Krankenhaus, Reha und eine Entlassung
Auf seinen Herzstillstand am 11. April folgen mehrere Wochen Krankenhausaufenthalt in Budapest, Schwetzingen und Heidelberg. Nach unzähligen Tests und Untersuchungen wurde dem 21-Jährigen ein Defibrillator-Implantat eingesetzt. Er soll solche Vorfälle in Zukunft verhindern, denn bis heute hat Florian Möll keine Diagnose. Im Februar 2025 sollen die Ergebnisse der letzten genetischen Tests kommen.
Sein Studium bei der Polizei wollte Florian Möll trotzdem fortsetzen und hat mit der Wiedereingliederung begonnen. Aber diesen Traum musste er an den Nagel hängen. Aufgrund des Defibrillators wird der 21-Jährige als dienstunfähig eingestuft und entlassen. "Das hat mich sehr getroffen", sagt Möll. Er denkt zwar nicht ans Aufgeben, aber der nächste Schicksalsschlag wartet auf ihn: Er sollte eigentlich ein Praktikum beginnen, als er einen Autounfall hat und auch das Praktikum nicht machen kann.
Florian Möll will Aufmerksamkeit schaffen und sensibilisieren
Für Florian Möll sind all diese Schicksalsschläge aber kein Grund zum Aufgeben. "Es gibt einen Grund, dass ich noch hier bin. Ich habe eine zweite Chance bekommen." Der 21-Jährige will stattdessen aufklären und für das Thema sensibilisieren. Er will seine Geschichte erzählen: Denn wenn so etwas es einem 21-jährigen Leistungssportler passieren kann, könne es jedem passieren. Das zeigen auch ähnliche Vorfälle in anderen Sportarten, wie zum Beispiel dem Fußball.
Aus seinem eigenen Freundes- und Bekanntenkreis weiß er, dass Wissen über lebenswichtige Maßnahmen fehlt. "Viele wissen einfach nicht, wie eine Reanimation abläuft oder ein Defibrillator funktioniert". In der Schule würde man nichts darüber lernen und den Erste-Hilfe-Kurs vergesse man schnell auch wieder. Auch deswegen meinten die Mediziner in Budapest und Heidelberg, dass Florian Möll noch lebe, sei "wie ein Lottogewinn".
Auch wenn er keinen Leistungssport mehr treiben kann, will er sich nicht vom Eishockey verabschieden. Er denkt darüber nach, seinen Trainerschein zu machen oder ein Sportstudium zu beginnen. Bis die letzten Testergebnisse im Februar da sind, muss der 21-Jährige sich noch etwas gedulden. Er will aber nicht untätig sein und spricht deswegen über sein Schicksal. "Wenn ich nur eine einzige Person animieren kann, ihr Wissen aufzufrischen, habe ich schon mein Ziel erreicht", sagt er.
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