Kalenderblatt
8. Juli 1971: „Nur nicht auf die Zehen treten“
8.7.2021, 07:00 UhrDadurch sehen die Nürnberger ihre verkehrskonzeptionelle Planung ad absurdum geführt, nach der sich U-Bahn und S-Bahn ergänzen müssen. Deshalb hatte, nach Ansicht Nürnbergs, den S-Bahn-Benützern die Möglichkeit gegeben werden sollen, am Fürther Hauptbahnhof ohne großen Zeitverlust in die U-Bahn umsteigen und so schneller und bequemer die jeweiligen Ziele in Nürnberg erreichen zu können.
Der Ausschuß für Stadtforschung und Stadtentwicklung befürwortete einstimmig einen bemerkenswert gemäßigten Brief an die Kollegen in Fürth, in dem darauf hingewiesen wird, der Grundgedanke der Integration dieser Region sei durch den Beschluß, die U-Bahn statt zum Hauptbahnhof zur Fürther Freiheit zu führen, nicht gewährleistet. Darum wird vorgeschlagen, sich noch einmal darüber auszusprechen.
„Ich brauche nicht so feinfühlig zu sein, wie es die Stadt offiziell sein muß“, schickte SPD-Fraktionsvorsitzender Willy Prölß seiner Stellungnahme voraus. Die war dann auch deutlich genug: „Wir können im Interesse der Region einfach nicht damit einverstanden sein, daß die U-Bahn nicht zum Fürther Bahnhof gelegt wird. Der Fürther Beschluß ist unter gar keinen Umständen haltbar und das muß doch auch denen klarzumachen sein.“
Für die weitere Verhandlung riet er, wie auch sein Kollege Georg Holzbauer von der CSU-Fraktion, diplomatisches Geschick an: „Wenn man jemandem auf die Beine helfen will, darf man ihm nicht gleichzeitig auf die Zehen treten.“
Ein Traumsystem für 2000
Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter blies derweilen gemächlich Zigarrenrauch von sich. Er glaubt an die Einsicht der Stadt Fürth: „Wissen Sie, meine Herren, ich sitze in der Neuner-Kommission der deutschen Städte, in der solche Verkehrsfragen immer wieder erörtert werden. Ich weiß daher, daß U-Bahn-Projekte nur dann gefördert werden, wenn sie mit der Bundesbahn verbunden sind.“ Und breit lächelnd: „Glauben Sie, daß die Fürther ihre U-Bahn ohne jeden Zuschuß bauen wollen?“
Vorher hatten die Ausschußmitglieder die Planung billigend zur Kenntnis genommen, nach der die U-Bahn-Projektierung weiter erfolgen soll. Dabei wird von folgenden drei Stammlinien ausgegangen: U-1 führt von Langwasser nach Fürth, U-2 von Schloß Stein über Hohe Marter, Schlachthof, Plärrer, Ra-thenauplatz und Ziegelstein zum Flughafen, U-3 beginnt am Tiergarten und führt über Zabo, Meistersingerhalle, Plärrer, Friedrich-Ebert-Platz und Krankenanstalten zur Kriegsopfer-Siedlung. Diese Konzeption, so berichtete der OBM, ist mit der Bundesbahn wegen deren 5-Bahn-Programm abgesprochen, das erforderliche Raumordnungsverfahren bei der Regierung beantragt.
„Das ist ein in jeder Hinsicht variables Traumsystem für die 2000er Jahre“, gab die Opposition durch Holzbauer ihre Zustimmung.
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