Abschied vom Tassilo Theater in Gostenhof
22.3.2013, 14:22 UhrSo richtig lässt es sich Gerd Fischer nicht anmerken, doch die Enttäuschung sitzt schon tief. Was verständlich ist: In den allermeisten Fällen ist es eine traurige Sache, wenn irgendwo ein Theater schließt. Gerade das Tassilo ist jedoch 31 Jahre lang immer eng mit seiner Person verbunden gewesen.
Im Februar 1982 hatte der Musiklehrer und Schauspieler, Opernsänger, Parodist, Nockherberg-Festredner und ehemalige Regensburger Domspatz das Tassilo in Gostenhof eröffnet – nach schweren Geburtswehen. Auf Anweisung der städtischen Bauordnungsbehörde musste die neue Bühne in dem von den alliierten Bomben des 2. Weltkriegs verschont gebliebenen Gründerzeit-Haus unweit des Lederer-Biergartens im Keller statt wie geplant im Innenhof installiert werden.
Das ließ die Kosten explodieren. Jahre später revidierten die Beamten von der Stadt dieses Urteil zwar („neuer Kenntnisstand“), doch zu diesem Zeitpunkt lief der Betrieb im Souterrain des denkmalgeschützten Hauses mit der Nummer 5 bereits auf Hochtouren.
Seine große Zeit hatte das Tassilo vor allem in den späten 80er und frühen 90er Jahren – mit einem Mix aus Musik, Kabarett und klassischer Kleinkunst. Neben zahlreichen Gastspielen namhafter Künstler aus Nah und Fern (unter anderem Ottfried Fischer, Paul Kuhn, Sissi Perlinger, Robert Kreis, Helen Vita und Dirk Bach) waren es jedoch vor allem Gerd Fischers Solo-Auftritte, die das ganzjährige Programm prägten.
Mit seinem damals einzigartigen Brückenschlag von der leichten Klassik hinüber ins Kabarett machte der Nürnberger Programm für ein eher konservatives Publikum – und hob sich damit vom Gostner Hoftheater ab, der damals einzigen anderen vergleichbaren Kleinkunstbühne in der Stadt. Diese Profilschärfe ging später verloren, unter anderem, weil die Konkurrenz im Großraum von Jahr zu Jahr zunahm.
Gerade aber auch der immense Erfolg von Fischers eigenen Programmen wie dem Dauerbrenner „Operette sich wer kann“ mit über 1500 Vorstellungen erwies sich am Ende als kontraproduktiv. Das Tassilo hatte den Ruf weg, dass man dort eh nie Karten kriegt. „Zu viel war auf meine Person allein geladen“, gibt sich Fischer im Rückblick selbstkritisch. „Außerdem habe ich mich viel zu lange selbst verheizt und auch verheizen lassen. So etwas geht immer nur eine Zeit lang gut.“
1994 schloss Fischer das Tassilo schon einmal wegen seiner Meinung nach zu niedrigen Zuschüssen seitens der Stadt. Doch auch nach der Wiedereröffnung 1996 dämmerte die Kellerbühne (400 Quadratmeter, 250 Sitzplätze rund um die kleinen Tischchen, die schnell zum Markenzeichen wurden) langsam aber sicher dem Dornröschenschlaf entgegen.
Zum 30-Jährigen im Jahr 2012 hatte Fischer erneut versucht, die Spielstätte in der Sielstraße mit Eigenproduktionen und eigenem Ensemble neu zu beleben, doch das Ende zeichnete sich ab. Die Kleinkunst-Szene hatte sich verändert, das Tassilo längst den Anschluss verloren. Auch die Zuschüsse waren von einstmals 140000 Mark im Jahr vom Bezirk auf zuletzt 2500 Euro von der Stadt geschrumpft. „Das ist nur noch eine Sterbehilfe, damit kann man kein Programm machen …“
Rastloser Direktor
Hinzu kam, dass der rastlose Theaterdirektor in den letzten Jahren schwere gesundheitliche Probleme hatte und sich nicht mehr wie früher mit vollem Einsatz beherzt vorneweg in die Schlacht werfen konnte für die Kleinkunstbühne, für die er so lange das Zugpferd gewesen war.
Jetzt sperrt Gerd Fischer sein Tassilo zu. Der Abschied von Nürnberg ist jedoch kein Abschied von der Bühne: Der Prinzipal, der in diesem Jahr 70 Jahre alt wird, will sich künftig auf sein Mühlentheater in Kleinseebach unweit von Erlangen konzentrieren. „Wie heißt es in Bayern so schön: Alles hat seine Zeit.“
Am Sonntag, 24. März, steigt im Tassilo Theater in der Sielstraße 5 um 11 Uhr eine letzte literarisch-musikalische Matinee mit Gerd Fischer zum Thema „Ostern“.
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