AfD in Nürnberg: Gaulands Eingeständnis, friedliche Demos
9.6.2018, 19:42 UhrAls "politisch unklug" hat der AfD-Bundesvorsitzende Alexander Gauland in Nürnberg seine umstrittene "Vogelschiss"-Äußerungen korrigiert. Der von ihm verwendete Vergleich sei nicht angemessen gewesen, meinte er vor den Delegierten des AfD-Landesparteitages in der Meistersingerhalle. Seine folgende Rede war gespickt mit nationalen Tönen und scharfen Angriffen auf die CSU.
Die dürre Korrektur stellte Gauland seiner Ansprache in Nürnberg voraus, welche der AfD-Landesparteitag mehrmals mit anhaltendem und stehendem Applaus aufgenommen hat. Bekanntlich hatte der führende AfD-Politiker die NS-Zeit als "Vogelschiss in über tausend Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte" verharmlost. Diesen "Vogelschiss" wolle er beseitigen, meinte er scherzhaft. Seine verbale Kehrtwende folgt einer mehrfach geübten AfD-Methode: Über eine gezielte öffentliche Provokation, aus der auch mal Menschenverachtung spricht, wird breit gestritten, danach wird sie relativiert.
Für die Landtagswahl in Bayern, die im Oktober stattfindet, sagte Gauland ein "gutes zweistelliges Ergebnis" für seine Partei voraus: "In Umfragen sind wir derzeit in Bayern zweitstärkste Partei hinter der CSU." Die Regierungspartei CSU mit ihrem Ministerpräsidenten Markus Söder kämpfe gegen ein Ergebnis "40 Prozent minus x". Da sei noch Luft nach unten, betonte der AfD-Chef.
Die CSU habe das Programm der AfD in weiten Teilen abgeschrieben. Das gelte vor allem für die Flüchtlingspolitik. Schnellere Abschiebungen, beschleunigte Asylverfahren, Grenzkontrollen, das alles, so Gauland, hätte es ohne den Druck der AfD nicht gegeben. Die CSU sei aber immer noch mitverantwortlich für die gegenwärtige Lage im Land. "Wer hochaggressive junge Ausländer ins Land lässt, der ist nicht weltoffen, sondern dämlich", sagte Gauland.
Er sprach von einem immensen "Schaden für Deutschland", den die CSU mit angerichtet habe, und nannte die "Unterwerfung der Nation unter das Diktat von Brüssel", die "Zerstörung der Energieversorgung und der Autoindustrie in Deutschland" und den "Austausch des deutschen Volkes durch irgendeine Bevölkerung" als Beispiele. Die ersten beiden Punkte könne man ändern, ein Bevölkerungsaustausch sei am Ende aber "unumkehrbar". Deshalb sei dieser Punkt für die AfD von zentraler Bedeutung.
Sie führe einen Kampf gegen die Kräfte, die sich daran machten, das Nationale abzuschaffen. "Wir wollen Deutsche bleiben", betonte Gauland, "wir wollen unsere Lebensart erhalten, und das gilt besonders für Bayern. Auf in den Kampf!" Nach 1945 sei der Gedanke an einen deutschen Nationalstaat weggeworfen worden wie "eine zerfetzte Wehrmachtsuniform".
Hunderte demonstrierten gegen die Alternative
Während des Parteitags haben unterdessen mehrere Hundert Menschen demonstriert. Auf dem Platz der Opfer des Faschismus versammelten sich am Vormittag gut 200 Menschen, um gegen die Rechtspopulisten zu protestieren. "Die AfD steht für Unfreiheit und gefährdet die Demokratie", erklärte Stephan Doll, der Vorsitzende der Allianz gegen Rechtsextremismus, die zur Kundgebung aufgerufen hatte. Gegen den Parteitag formierten sich auch Anhänger der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ), die nach einer Kundgebung am Nelson-Mandela-Platz in der Weddigenstraße mit Musik, Reden, Fahnen und Transparenten gegen die laut Polizei rund 300 Parteitagsbesucher demonstrierten.
Gegen 12 Uhr setzte sich unweit der Meistersingerhalle ein Demonstrationszug der Föderation demokratischer Arbeitervereine (DIDF), unterstützt vom Nürnberger Bündnis Nazistopp, in Bewegung. Er erinnerte an den 13. Todestag des NSU-Opfers Ismail Yasar und zog über die Scharrerstraße zum Aufseßplatz. Dort feierten im Anschluss rund 600 Menschen ein von mehr als 50 Organisationen, Vereinen, Parteien und Schulen organisiertes Straßenfest gegen Rassismus und Diskriminierung.
"Es waren deutlich weniger Teilnehmer, als vorher angenommen", sagt Polizeisprecher Bert Rauenbusch über die Demonstrationen. Mit dem Einsatz zeigte er sich vollauf zufrieden: "Es ist gut gelaufen. Alle, die auf den Parteitag wollten, konnten ungehindert dorthin." Lediglich an der Weddigenstraße hätten die Einsatzkräfte Demonstranten zurückdrängen müssen. An der Scharrerstraße setzten Polizisten außerdem kurzzeitig Schlagstöcke ein.
Dieser Artikel wurde um 17.37 Uhr aktualisiert.
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