Alle Mieter raus: WBG lässt Komplex komplett modernisieren
24.9.2018, 05:29 UhrMittelfristig sei der Umbau des Anwesens in der Elias-Holl-Straße 6—10 vorgesehen, mehr wurde nicht verraten in dem Schreiben, das die wbg an die betroffenen Bewohner geschickt hat. Es war eine Einladung zu einer Mieterversammlung, in der man über die Inhalte und das weitere Vorgehen informieren wollte. "Worum es wirklich ging, hat keiner von uns geahnt", sagt einer der Empfänger, der seinen Namen nicht nennen will. Die Mieter seien mehr als geschockt gewesen: Denn bei der Versammlung teilte die WBG ihnen mit, dass alle ausziehen müssen.
Ein gutes Dutzend der Mieter hat sich mit dem Stadtanzeiger getroffen, alle wollen anonym bleiben. "Wegen möglicher Konsequenzen", heißt es. "Denn wir sind darauf angewiesen, dass uns die WBG wieder Wohnungen zur Verfügung stellt." Auf dem freien Wohnungsmarkt habe man vermutlich keine Chance, und es gibt immerhin das Angebot der WBG.
So soll jede Mietpartei eine neue Wohnung von dem Unternehmen erhalten, welche in Abstimmung mit dem zukünftigen Bewohner renoviert wird. Auch den Umzug will die WBG bezahlen, inklusive Kartons, Anbringen von Lampen und Beauftragung eines Umzugsunternehmens.
Die Küche soll von der alten in die neue Wohnung umgebaut werden, Anschlussgebühren für Telefonanschlüsse bezahlt, unter Umständen auch Ablöse für Möbel bezahlt werden. So steht es in einem weiteren Schreiben und so bestätigt es auch WBG-Pressesprecher Dieter Barth: "Diese Unterstützung ist nicht selbstverständlich, aber wir wären nicht die wbg, würden wir es anders handhaben."
Weniger Wohnungen
Er wirbt für Verständnis, dass die Sanierung in der geplanten Form nur in einem leerstehenden Gebäude möglich sei. Aus den derzeit 36 Wohnungen sollen 24 werden, größere, mit neuen Grundrissen. Barth versteht auch, dass die Mieter die derzeitige Wohnlage ungern verlassen möchten, immerhin sind es nur wenige Schritte bis an den Dutzendteich. Eine Rückkehr in das Haus sei nicht für alle möglich, da es weniger Wohnungen sein werden – abgesehen von den höheren Mietpreisen. So will er es, gemeinsam mit einem Kollegen, auch während der Versammlung erklärt haben.
"Die Versammlung lief nicht besonders gut ab", berichtet einer der Mieter. Von oben herab sei man behandelt, Rückzugswünsche mit dem Hinweis abgetan worden, dass man sich die Wohnungen sowieso nicht wird leisten können. Ältere Bewohner, die zum Teil schon länger als fünf Jahrzehnte hier wohnen, seien in Tränen ausgebrochen. Fragen nach dem Umbau habe Barth damit beantwortet, dass das niemanden etwas anginge, es sei schließlich nicht ihr Haus.
"Sinngemäß habe ich das so gesagt", sagt Barth. Dass das Treffen unglücklich und emotional verlaufen sei, führt er auf die unterschiedlichen Standpunkte zurück. Die Mieter hätten das Thema vorgegeben und darüber diskutieren wollen, wann sie wieder einziehen können. "Gegenstand des Abends aber war, wie der Prozess des Umbaus abläuft." Bevor nicht jeder der derzeitigen Bewohner in einer neuen Wohnung lebt, werde hier kein Umbau beginnen, kündigt Barth an. Man gehe aber davon aus, dass der Prozess binnen eines Jahres abgeschlossen ist und der Umbau im Frühjahr 2020 beginnen kann.
Indes haben sich die Bewohner an den Mieterbund gewandt, der ihnen – so ihre Aussage – Hoffnungen auf einen Verbleib macht. Es gehe ihnen nicht nur um die schöne Wohnlage, sondern auch um die Nachbarn: "Wir sind eine funktionierende Wohngemeinschaft." Auch sehen sie das grundsätzliche Problem, dass aus immer mehr günstigen Wohnungen "Luxuswohnungen" und für Geringverdiener unbezahlbar werden.
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