Alte Hallen sollen neues Viertel bereichern
30.5.2018, 12:38 UhrNein, das ist Verena Osgyan ganz wichtig, sie will weder die neue Universität verhindern, noch den Kauf des dafür vorgesehenen Areals an der Brunecker Straße. Ganz und gar nicht. Doch die Art und Weise, wie das vonstatten geht, findet die grüne Landtagsabgeordnete aus Nürnberg „erschreckend und kulturlos“.
Denn das Areal ist keine Brache, keine leerstehende Fläche. Unter anderem stehen dort seit Jahrzehnten die sogenannten Umladehallen der Bahn. Osgyan hält sie für „Stadtbild-prägend“. Die Hallen, sagt sie, hätten etliche Nürnberger durch ihr Leben begleitet als Wahrzeichen in der Südstadt. Ginge es nach ihr, mit den Hallen ließe sich etwas anfangen.
Doch es geht nicht nach Verena Osgyan. Seit Wochen hält sich das Gerücht, den Hallen drohe das Aus. Inzwischen hat die Grünen-Politikerin das auch schriftlich. Wobei die Lage etwas kompliziert ist. Denn für die Liegenschaften ist das Bauministerium von Ilse Aigner zuständig, für das Universitäts-Konzept dagegen das Wissenschaftsministerium von Marion Kiechle (beide CSU). Die Verkaufsgespräche an der Brunecker Straße wiederum führt die Immobilien Freistaat Bayern mit der Grundstückseigentümerin, der früheren Bahntochter Aurelis.
Alle vier sind sich allerdings in einem Punkt einig: Bayern wird das Areal erst dann kaufen und übernehmen, wenn dort nichts mehr steht. „Nach Beräumung der baulichen Anlagen einschließlich der Umladehallen“, wie es im Amtsdeutsch so schön heißt. Bis Oktober, so steht es ebenfalls in der Antwort an Verena Osgyan, soll alles über die Bühne gegangen sein. Das Schicksal der Hallen scheint besiegelt, zumal das Parlament, jedenfalls in diesem Stadium, kaum mitreden darf.
Verena Osgyan kann weder die Eile verstehen, noch, warum die Hallen verschwinden müssen. Diese seien absolut sehens- und schützenswerte Konstruktionen mit ihren riesigen Glasdächern. „Die Substanz ist gut erhalten, auch wenn das im Moment anders aussieht“, sagt sie. „Das ist alles nur oberflächlich verrottet.“ Und sie fragt sich, warum die Hallen verschwinden müssen, noch bevor überhaupt ein Konzept für den neuen Uni-Campus auch nur grob skizziert ist.
Ginge es nach ihr, die Hallen blieben vorerst stehen. „Sie ließen sich doch leicht in den Wettbewerb mit einbauen“, sagt die Grünen-Politikerin. „Die Architekten müssten sie in ihr Konzept einarbeiten und ihnen eine Zukunft geben, etwa als Platz für die Mensa oder Ähnliches.“ Sollte sich herausstellen, dass dies nur schwer oder mit immensem Aufwand realisierbar wäre, könnten sie dann immer noch abgerissen werden.
Andere Städte sind mit ihrer alten Bausubstanz durchaus so vorgegangen, haben Historisches in Modernes integriert und so eine zeitübergreifende Architektur geschaffen. Warum das in Nürnbergs Süden nicht möglich sein soll, erschließt sich Osgyan nicht. „Wir müssen über solche Fragen doch einen gesellschaftlichen Diskurs führen“, sagt sie. Immerhin gehe es hier um die Zukunft eines ganzen Stadtteils. Und um seine Geschichte. Denn die Ursprünge der Umladehallen reichen zurück bis ins Jahr 1903.
Dabei klingt es doch eigentlich verheißungsvoll, was Bayern für den Uni-Campus angekündigt hat. Dort solle „eine an den Bedürfnissen von Forschung und Lehre orientierte, moderne Universität mit modellhaftem Charakter“ entstehen. Das sei „bei den Planungen vorrangig zu berücksichtigen“, lässt Bauministerin Ilse Aigner ausrichten – was wohl im Umkehrschluss erklären soll, warum dort kein Platz mehr ist für Altes.
Schlechte Aussichten für Verena Osgyans Kampf um die Hallen. Doch noch denkt die grüne Landtagsabgeordnete nicht ans Aufgeben. Für den 10. Juni hat sie eine Fahrradführung samt Biergartenbesuch durch den neuen Stadtteil Lichtenreuth organisiert. Im Zentrum, wenig überraschend: Wie lassen sich die Hallen weiter als Bereicherung des Stadtteils nutzen . . .
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