Nach langer Hängepartie wurde unter dem Dach des „DigitalPakts Schule“ ein „Sonderbudget Leihgeräte“ in Höhe von knapp 78 Millionen Euro eingerichtet, um die Aufwandsträger bei der Anschaffung von mobilen Endgeräten zur Ausleihe an Schüler zu unterstützen. Diese Bundesmittel stockte der Freistaat um weitere 30 Millionen Euro auf. Und das Geld ist längst annähernd aufgebraucht. „Bis zum Ende der Antragsfrist am 31. Juli konnten über 97,5 Prozent der zur Verfügung stehenden Mittel des Sonderbudgets Leihgeräte bewilligt und den Schulaufwandsträgern zum größten Teil bereits ausgezahlt werden“, sagt Maria Scherr, Pressesprecherin im bayerischen Kultusministerium, und weist auf weitere Fördermittel hin.
Schüler und Lehrer warten
Dennoch warten viele Kinder und noch mehr Lehrer auf Leihgeräte. Entweder wurden zu wenige Geräte an die Schulen geliefert oder gar keine. Ob nun das Melanchthon-Gymnasium oder die Grundschule Scharrerschule: Nach aktuellem Stand könnten im Ernstfall an vielen Nürnberger Schulen nicht alle Schüler trotz Bedarfs mit einem Leihgerät versorgt werden. So fehlen allein am Melanchthon-Gymnasium gut 50 Geräte. „Wir haben etwa 70 Tablets als Bedarf gemeldet, uns wurden 80 zugesagt, wobei wir 16 Tablets bereits aus dem letzten Jahr haben. Wenn wir noch Altgeräte, also PCs nutzen, fehlen uns etwa 35“, sagt Schulleiter Hermann Lind, der keinen Hehl über seinen Unmut macht. „Das ist insgesamt ein eher ärgerliches Thema. In Pressekonferenzen in Berlin und München werden immer wieder digitale Endgeräte für Schüler und für Lehrkräfte angekündigt, mit der Umsetzung hapert es allerdings.“
Dabei ist Geld nicht das Problem, wie Nürnbergs Schulreferentin Cornelia Trinkl sagt. „Es liegt nicht an zu wenig finanziellen Mitteln.“ Es gebe Fördermittel, zudem habe die Stadt selbst im Rahmen der IT-Strategie 800.000 Euro investiert. Das Problem sei die derzeitige Verteilung. „Manche Schulen haben sehr viele Geräte bestellt, andere sehr zaghaft. Zudem hatten fünf Prozent der Schulen gar keinen Bedarf gemeldet“, so Cornelia Trinkl. Daher sei man nun am Umverteilen. 6200 Geräte hatte die Stadt nach der Abfrage an den Schulen bestellt. Doch nur etwa 5500 davon kamen bisher in Nürnberg an. Schuld sind Lieferengpässe. „Schließlich sind wir nicht die einzige Kommune, die Geräte braucht“, so die Referentin.
Leer gehen unterdessen die Lehrer aus, was auch der Gesamtschulleiter der Wilhelm-Löhe-Schule beklagt. Dort hat man zwar Geräte für Schüler erhalten und profitiert gerade in diesen Zeiten von einem bereits gut ausgebauten digitalen System im Haus. „Eine Ausstattung für Lehrkräfte aber wäre dringend nötig. Bisher gibt es aber dazu kein staatliches Vorgehen, welches uns als Schule in kirchlicher Trägerschaft erreicht hätte“, so Schulleiter Pfarrer Mark Meinhard. Unabhängig der Trägerschaft — die 6200 Geräte sind nur für Schüler bestimmt. „Was die Lehrer angeht, so arbeiten wir intensiv an einem Konzept, wie wir das haushaltsrechtlich bestreiten können“, so Cornelia Trinkl.
Bestellung wird nicht reichen
Bayerns Kultusminister Michael Piazolo hatte erst Anfang des Monats angekündigt, jedem Lehrer in Bayern ein Dienstgerät zur Verfügung zu stellen. Das sind 150.000 Geräte — wobei rund 25.000 bereits angeschafft wurden. Das Geld dafür fließt vom Bund und den Ländern. Anschaffen sollen die Geräte die Kommunen, da diese für die Ausstattung der Schulen zuständig sind. Was die Geräte für die Schüler angeht, so geht Cornelia Trinkl davon aus, dass die 6200 Geräte nicht reichen werden, man nachordern müsse und es auch Einzelfälle geben werde. „Aber ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit den Schulleitern gute Lösungen finden werden.“
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Rektor Hermann Lind treibt unterdessen etwas anderes um: „Die Problematik ist: Wer soll ein Gerät bekommen, wenn es nicht genug gibt?“ Vorgaben gibt das Kultusministerium nicht, „um den Schulen die nötige Flexibilität zu ermöglichen“, wie Sprecherin Scherr sagt. „Denkbare Adressaten wären etwa finanziell schlechter gestellte Familien wie auch etwa Familien mit mehreren Kindern oder Eltern im Homeoffice, die sich das familieneigene Gerät nicht teilen können.“ Doch diese im Zweifel unangenehme Entscheidung müssen die Schulen für sich treffen.