Ansprache von Joachim Herrmann
21.3.2013, 19:40 UhrAnrede!
Wir sind heute zusammen gekommen, um eine Gedenkstätte für die Opfer der NSU-Terrorzelle zu schaffen. Acht Mitbürger türkischer Herkunft und ein griechisch stämmiger Mitbürger sowie eine junge Polizistin aus Heilbronn fielen ihr zum Opfer. Fünf Morde wurden allein bei uns in Bayern begangen, drei davon hier in Nürnberg.
Die Mordserie der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) hat uns die Folgen von politischem Extremismus auf grausamste Weise vor Augen geführt.
Noch immer stehen wir unter dem Eindruck dieser schrecklichen Taten. Allen Angehörigen der Mordopfer und allen, die ihnen nahe standen, bekunden wir unsere besondere Solidarität.
Wir setzen alles daran, diese menschenverachtende Mordserie lückenlos aufzuklären. Dies schulden wir jedem Einzelnen der ermordeten Opfer sowie ihren Angehörigen. Sie haben einen Anspruch darauf, dass wir allen offenen Fragen umfassend nachgehen.
Wir alle sind betroffen darüber, dass es uns nicht früher gelungen ist, die brutale Mordserie aufzudecken und zu beenden. Umso mehr versichere ich Ihnen, liebe Angehörige, dass die Bayerische Staatsregierung und ich ganz persönlich Ihnen fest zur Seite stehen, um die schrecklichen Folgen dieser Gewalttaten zu bewältigen. Ich sage das auch im Namen von Kollegen Dr. Markus Söder, der heute leider verhindert ist.
Meine Damen und Herren, in ganz Deutschland und auch bei uns in Bayern wird seit Bekanntwerden der Täterschaft der NSU über Versäumnisse und notwendige Änderungen in unseren Sicherheitsbehörden diskutiert. Die tödlichen Gefahren gewaltbereiter Rechtsextremisten sind offensichtlich unterschätzt worden. Erste Konsequenzen daraus wurden gezogen. Wenn die Ergebnisse der Untersuchungsausschüsse im Bundestag und Landtag vorliegen, werden weitere Maßnahmen zu diskutieren sein. Hinzu kommt der Prozess gegen Beate Zschäpe und ihre Helfershelfer, der am 17. April in München beginnt.
Mein Ziel ist es, den Rechtsterrorismus und Extremismus zukünftig noch stärker und noch nachhaltiger als bisher zu bekämpfen.
Dies ist aber nicht nur eine Aufgabe für die Sicherheitsbehörden. Es geht vor allem auch die geistige Auseinandersetzung mit Intoleranz und Gewalt; es geht um bürgerschaftliches Engagement gegen Ausländerfeindlichkeit und für Menschenrechte.
Meine Damen und Herren, Prävention und Aufklärung sind zentrale Säulen bei der Bekämpfung von Extremismus. Dazu gehört Demokratieerziehung in der Schule genauso wie die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE).
Besonders dankbar bin ich für das „Bayerische Bündnis für Toleranz – Demokratie und Menschenwürde schützen“ - eine bürgerschaftliche Initiative. Die Projektstelle in Bad Alexandersbad bündelt bayernweit Aktivitäten gegen Rechtsextremismus. Die Staatsregierung hat ihren jährlichen Finanzbeitrag hierzu fast verdoppelt.
Mit diesen und anderen Maßnahmen setzen wir viele Hebel in Bewegung, um künftig Anschläge von Extremisten jeglicher Couleur zu verhindern. Denn für extremistische Ideologien darf kein Platz in unserer Gesellschaft sein.
Meine Damen und Herren, Enver Simsek († 11.09.2000), Abdurrahim Özüdogru († 13.06.2001) und Ismail Yasar († 05.06.2005), die drei in Nürnberg ermordeten Mitbürger werden in unserer Erinnerung weiterleben. Dieser Gedenkort ist ihnen – und allen anderen Opfern rechtsextremistischer Gewalt – gewidmet.
Die gepflanzten Bäume verkörpern das Leben. Ihre grünen Blätter verkörpern die Hoffnung. Ihre Wurzeln verkörpern die tiefe Verankerung aller Kulturen in unserer Gesellschaft. Ich danke Ihnen, lieber Herr Oberbürgermeister Dr. Maly, sehr herzlich für diese Initiative.
Meine Damen und Herren, dieser Gedenkort ist ein wichtiges Zeichen – an Sie, liebe Hinterbliebenen und an unsere gesamte Bevölkerung: Wir lassen Sie bei der Bewältigung der traumatischen Erlebnisse nicht alleine. Dieser Ort ist ein „Denk“mal, ein Ort des Gedenkens an die Opfer. Er ist aber auch ein „Mahn“mal, ein Ort des Mahnens:
Es muss unser aller Aufgabe sein, eine Wiederholung solch unfassbarer Taten zu verhindern und jegliche Form von Extremismus bereits im Keim zu ersticken. Hierzu brauchen wir ein breites gesellschaftliches Engagement. Jeder von uns ist aufgerufen, die Werte unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung entschlossen zu verteidigen, aktiv für Menschenrechte einzutreten.
Die jungen Menschen tragen dabei eine besondere Verantwortung. Sie sind unsere Zukunft.
Gerne greife ich daher auch den Vorschlag der Stadt Nürnberg auf, gemeinsam einen Preis für solche Jugendgruppen auszuloben, die sich um die internationale Verständigung bemühen. Wir werden uns gerne finanziell an diesem Preis beteiligen.
Meine Damen und Herren, eine wehrhafte Demokratie braucht aufgeklärte und mündige Bürger; Bürger, die hinschauen und sich mutig gegen Extremismus jeder Art wenden. Unser Ziel muss es sein, dass alle Menschen in Bayern sicher leben können – gleich welcher Herkunft, welcher Hautfarbe oder welchen Glaubens. Lassen Sie uns dieses Ziel weiterhin gemeinsam mit voller Kraft verfolgen!
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