Antisemit? Xavier Naidoo streitet vor Nürnberger Gericht

Ulrike Löw

24.9.2019, 14:52 Uhr

Persönlich anwesend ist er zwar nicht, dennoch streitet Sänger Xavier Naidoo (48) vor dem Oberlandesgericht Nürnberg um seine Persönlichkeitsrechte: Er will nicht Antisemit genannt werden. Melanie Hermann, Bildungsreferentin der Amadeu-Antonio-Stiftung, hatte über den Soulsänger im Sommer 2017 bei einer Veranstaltung in Straubing gesagt: "Er ist Antisemit, das ist strukturell nachweisbar." Die gemeinnützige Stiftung setzt sich gegen Rechtsextremismus ein, sie ist nach Amadeu Antonio Kiowa benannt, einem der ersten Todesopfer rechter Gewalt in Deutschland seit der Wiedervereinigung.

Ihr Ziel ist es, die Zivilgesellschaft gegen Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus zu stärken. Die politischen Äußerungen des Sängers Xavier Naidoo aus Mannheim sind umstritten, ebenso wie manche seiner Liedtexte: Am Tag der Deutschen Einheit 2014 sprach er in Berlin bei einer Demonstration der "Reichsbürger", die bekanntlich die BRD für eine GmbH halten und die politische Ordnung ablehnen. Naidoo betonte später, dass er mit den "Reichsbürgern" nichts am Hut habe. Zuletzt geriet er wegen des Songs "Marionetten" in die Kritik. So hatte der NDR2 17 Jahre lang ein Musik-Festival in Hannover präsentiert, als im Jahr 2017 Naidoo und die "Söhne Mannheims" auftreten sollten, zog sich der Sender zurück. Andere Radiosender spielen das Lied nicht.

Der Vorwurf: In dem Lied werden Politiker massiv beschimpft. Unter anderem heißt es: "Teile eures Volks nennen euch schon Hoch- beziehungsweise Volksverräter." Auf Textzeilen wie diese hatte sich die Bildungsreferentin bezogen, im vergangenen Jahr wehrte sich der Sänger im Landgericht Regensburg erfolgreich gegen die Antisemitismus-Vorwürfe. Die Texte will er anders verstanden wissen. Das Persönlichkeitsrecht des Künstlers wiege in diesem Fall stärker als die Meinungsfreiheit, so das Gericht. Naidoo hatte erklärt, dass sein Sohn einen hebräischen Namen trage und er selbst auch in Israel als Sänger aufgetreten ist. Die Referentin der Amadeu-Antonio-Stiftung hält das Urteil für ein "fatales Signal für die politische Bildung". Sie hat Berufung eingelegt, nun muss das Oberlandesgericht Nürnberg entscheiden.