Archäologen beginnen Rekord-Grabung im Knoblauchsland

Hartmut Voigt

Lokalredaktion Nürnberg

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11.10.2018, 05:44 Uhr
Stadtarchäologe John Zeitler bei der Arbeit.

© Günter Distler Stadtarchäologe John Zeitler bei der Arbeit.

Der Zuzug nach Nürnberg und der damit verbundene Bauboom sorgt auch bei den Archäologen für Hochkonjunktur. Früher hieß es, dass das Archäologiestudium direkt in die Arbeitslosigkeit führt. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Denn die Untersuchung von Bauland nach historischen Überresten und deren Dokumentation ist heute gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Das verschafft professionellen Grabungsfirmen viel Arbeit. Gleichzeitig sorgt die Bestimmung bei Bauherrn für Ärger, weil sich die Untersuchungen häufig in die Länge ziehen. 

Bei den anstehenden Grabungen im Knoblauchsland erhoffen Archäologen Antworten auf Fragen wie diese: Wie haben die Menschen zwischen 1300 und 800 vor Christus im Nürnberger Norden gelebt? Lagen die Höfe der Siedler weit verstreut oder bereits zu einem Dorf zusammen geballt an einem Flusslauf? Wie haben ihre Äcker bestellt, wie ihre Toten begraben?

Stadtarchäologe John Zeitler deutet am Computer auf die Katasterkarte der Schmalau (Boxdorf): Zwölf Hektar Äcker an der Wiesbadener/Steinacher Straße werden Gewerbegebiet. Doch bevor die Hallen hochgezogen werden, erforschen die Archäologen ausgiebig den Untergrund. Anderthalb bis zwei Jahre kann es schon dauern. 

Feinen, uralten Bronzeschmuck, Fibeln, Beile und Armringe hatten Grabungstechniker vor 25 Jahren im Nürnberger Osten freigelegt. Damit rechnen die Fachleute im Knoblauchsland nicht. Sie denken eher an Pfostenlöcher von Häusern, an Scherben von Gebrauchskeramik oder auch an Silogruben. 

Die Menschen vor 3000 Jahren waren nämlich clever in der Vorratshaltung und der vorausschauenden Planung: Sie schaufelten große Löcher in die Erde, kippten dort im Herbst bis zu eine Tonne Getreide hinein und verschlossen sie mit Brettern und Lehm. Dadurch konnten Mäuse die Dinkel- und Emmerkörner nicht auffressen. Andererseits verhinderte man durch den luftdichten Abschluss, dass das Getreide zu keimen anfing. So hatten die Menschen im Frühjahr genügend Korn zum Essen und Aussäen.

 Eine noch größere Fläche - nämlich 40 Hektar - stehen in Wetzendorf zur Bebauung an. Zwischen dem Berufsbildungszentrum und dem Ausbildungszentrum der bayerischen Bauindustrie entstehen Wohnungen mit einem Park. Etwa die Hälfte des Geländes dürfte für die Archäologen interessant sein: Hier rechnen sie mit zwei bis drei Jahren Arbeit. 

Bei Vorab-Sondierungen waren die Experten auf Urnengräber gestoßen. Denn um 1200 vor Christus wurden alle menschenlichen Leichname verbrannt. "Das hing mit religiösen Vorstellungen zusammen", meint Zeitler. Neben den Bruchstücken von Keramikurnen kamen auch Reste von Gefäßen für Essen und Trinken zum Vorschein: Der Tote sollte auf seiner letzten Reise gut versorgt sein.

Das dritte Einsatzgebiet liegt in Airportnähe: An der Marienberg-/Flughafenstraße sind 60 Hektar als städtebauliches Entwicklungsgebeit ausgewiesen. Wohnungen und Gewerbeimmobilien werden hier einmal gebaut. doch bis dahin ist noch lange hin: Die archäologischen Arbeiten beginnen hier erst in einem Jahr. 

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