Ärger um Nürnbergs Clubkultur: "Wir werden kriminalisiert"
14.3.2017, 14:45 UhrEs ist noch nicht lange her, da musste Thilo Färber ernsthaft um die Zukunft seines Clubs bangen. Der Grund: Das Ordnungsamt genehmigte in der Rakete nur noch eine Afterhour im Monat. Vorher hat Färber in seinem Club jedes Wochenende zweimal ab 6 Uhr Fans elektronischer Musik zum Tanzen gebeten. Weil die Stadt aber "einen starken Anstieg von Drogenmissbrauch" im Umfeld der Rakete feststellte, durfte Färber kaum noch aufschließen. "Für uns hat das 30 bis 40 Prozent Umsatzeinbußen bedeutet."
Inzwischen hat man sich noch einmal zusammengesetzt, viermal pro Monat finden nun Afterhours in der Rakete statt. Das erzählt Färber beim Kulturliga-Tisch im Saal der Z-Bau, in dem am Ende nur noch Stehplätze übrig sind. 500 hauptsächlich Szene-Kundige sind gekommen, um über "Clubkultur in Nürnberg - Standortfaktor, Subkultur oder "Drogensumpf?" zu diskutieren. Eingeladen dazu hat die Kulturliga.
Einzelfälle sollen nicht diskutiert werden, kommen aber zwischendurch auf den Tisch. Der Grund: die Razzia im Waschsalon, die Techno- und Elektrofans schockiert hat. "Einzelfälle sind das nicht mehr", sagt Färber, der neben Waschsalon, Rakete noch den Club Nano aufzählt, der so viele Schwierigkeiten hatte, dass er schließen musste. Die Szene fühlt sich kriminalisiert durch massive Kontrollen. "Zwei bis fünf Beamte sind ständig vor unserer Tür", sagt Färber. "Dabei sind die meisten von uns friedlich und wollen nur tanzen", sagt jemand im Publikum.
In Berlin kennen sie das Problem mit Razzien, allerdings ist das 15 Jahre her, sagt Marc Wohlrabe von der Clubkommission Berlin, ein Zusammenschluss von 220 Betrieben. Deren Idee damals: Mit einer Stimme sprechen. Seitdem tauscht man sich mit Politik und Polizei regelmäßig aus, Razzien habe es seit über zehn Jahren nicht gegeben, sagt Wohnrabe. Auch weil man die Polizei sensibilisiert habe, zwischen Dealern und Konsumenten zu differenzieren. Und zu verstehen: "Wir wissen, dass Leute in den Clubs illegalisierte Drogen nehmen, aber das ist nicht Ziel der Clubs! Wir spielen Musik", sagt Wohnrabe. Dagegen unterstützt man sich, um gegen schwere Drogendelikte vorzugehen.
"Wenn es Straftaten gibt, müssen wir tätig werden", sagt der stellvertretende Ordnungsamtsleiter Robert Pollack. Das Ziel von Stadt und Polizei sei klar: "Feiern ohne Drogen." Auch wenn das viele der Anwesenden für irreal halten (auch angesichts der legalen Droge Alkohol). Der Vorwurf, der aus dem Publikum und vom Podium kommt: Gegen Drogen werde vor allem mit Repression - Kontrollen, Razzien - vorgegangen. Pollack verweist zwar darauf, dass es auch in Nürnberg andere Säulen in der Drogenpolitik gebe: Prävention, Beratung, Behandlung. "Das meiste Geld fließt aber in die Repression", sagt Holger Watzka von der Kulturliga.
Und doch scheint es so, als kommen sich Dienststellenleiter, Politik (vertreten durch Grünen-Stadträtin Britta Walthelm) und die Club-Szene näher. Schließlich betonen erstere, dass eine Club-Kultur für Nürnberg wichtig ist. Wie die in der Stadt aber (besser) existieren oder wachsen kann, dass muss vor allem die Politik diskutieren. Zusammen mit den Clubs, die sich als nächsten Schritt zusammentun will, um künftig - wie in Berlin - mit einer Stimme zu sprechen. Auch um Vorfälle wie im Waschsalon zu vermeiden. Der hat schließlich bundesweit für Aufsehen gesorgt. Färber: "Es gibt DJs, die uns schon gefragt haben: Kann man überhaupt noch nach Nürnberg kommen?" Die Podiumsdiskussion macht Hoffnung, dass die Antwort Ja ist.
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