Neuer Treffpunkt
Augustinerhof sorgt bei Passanten für Urlaubsstimmung
8.7.2021, 06:42 UhrSenem Özdemir ist schon zum zweiten Mal mit ihrer Kameraausrüstung da. Die Fotografin nutzt die helle Fassade des künftigen Zukunftsmuseums und das Ambiente drumherum als Hintergrund für ein Fotoshooting. Der Platz sei genial, schwärmt die 31-Jährige. "Die Altstadt ist ja wunderschön, aber das hier hat etwas Futuristisches." Mit ihrer Begeisterung hat die junge Frau auch ihre Kunden angesteckt, denen der "leicht mediterrane Look" gefällt. "Man fühlt sich gar nicht wie in Nürnberg", sagt Richard, 31, den die neue Passage mit Blick zur Pegnitz in Urlaubsstimmung bringt. "Dieser Ort könnte auch in Paris und Singapur sein."
Viel Lob für ein Projekt, das die Nürnberger über Jahrzehnte beschäftigt hat. Für hitzige Debatten sorgte seinerzeit vor allem der erste Bebauungsentwurf, die Pläne des jüngst verstorbenen Stararchitekten Helmut Jahn wurden als "aufgeplatzte Bratwurst" verschmäht und 1996 in einem Bürgerentscheid abgelehnt. Jahrelang passierte nichts auf dem prominent gelegenen Areal im Herzen der Stadt, das dessen ersten Investor Mohammad Abousaidy schließlich in die Pleite trieb. Rund zehn Jahre später warf Immobilienentwickler Gerd Schmelzer seinen Hut in den Ring, doch bis er mit der neuen Bebauung nach den Entwürfen von Volker Staab beginnen konnte, vergingen weitere zwölf Jahre. Unter anderem hatte die Klage eines Anwohners das Projekt noch einmal ausgebremst.
Doch jetzt steht der Gebäudekomplex, der nicht nur eine riesige Brachfläche im Zentrum verschwinden ließ, sondern der auch neue Wege in der Altstadt erschließt. Vom Hauptmarkt aus durch die Tuchgasse kommend, sorgt die Passage durch den Augustinerhof für eine Verbindung zur Karlsbrücke und zum Trödelmarkt. Zudem ist ein kleiner Platz mit Pegnitzblick entstanden, auf dessen Treppenstufen es sich jetzt schon immer wieder Passanten gemütlich machen. Sehr schön sei es geworden, finden Jonas und Jessica, die gerade eine kurze Mittagspause machen. "Es gibt nicht so viele Plazas wie diese hier in der Stadt."
"Das wird eine neue Flaniermeile"
Dass die Menschen gerne herkommen und gerne an dem neuen Platz verweilen, hat auch Markus Valet bereits festgestellt. Gemeinsam mit seinem Bruder Florian führt er die Firma Retterspitz mit Sitz in Behringersdorf, vor wenigen Tagen hat das fast 120 Jahre alte Unternehmen, das seine Produkte sonst in erster Linie in Apotheken vertreibt, im Augustinerhof seinen ersten Flagship-Store eröffnet. Damit habe er der Firma quasi ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk gemacht, sagt Valet, als er durch den aufwendig gestalten Laden führt. In eine Wand aus Juramarmor ist das Unternehmenslogo integriert, Duschgele, Cremes, Raumdüfte und die traditionellen Wickellösungen werden in Apothekerschränken aus Robinienholz präsentiert. Er habe bewusst die Entscheidung getroffen, sich im Herzen der Stadt zu zeigen, sagt der Unternehmer. Das neue Quartier sei eine moderne Aufwertung für Nürnberg, das sonst immer sehr mit der Vergangenheit in Verbindung gebracht werde. "Hier wird eine neue Flaniermeile entstehen."
Hauptanziehungspunkt soll das Zukunftsmuseum werden, dessen Mietvertrag kürzlich für Wirbel sorgte. Die wegen Corona verschobene Eröffnung ist für September geplant. Passend dazu ist auch das Innovationslabor Josephs von der Karl-Grillenberger-Straße in den Augustinerhof umgezogen. Der Standort sei "superattraktiv", sagt Mitarbeiterin Lisa Hübner. "Wir haben hier viel mehr Laufpublikum." Schon vor der Eröffnung im Juni hätten viele Neugierige durch die Scheiben gespitzt, sagt Hübner. Zu sehen gibt es derzeit unter anderem eine Erlebniswelt zum Thema Künstliche Intelligenz und ein Projekt zur Berufsfindung der Bundesagentur für Arbeit. Im Untergeschoss gibt es mehrere Tagungsräume, auch ein Teil der Ausstellungsfläche im Erdgeschoss kann für Seminare genutzt werden. Dort tagen gerade Mitarbeiter der Firma Uvex, die im Josephs auch eigene innovative Produkte wie einen mit einem rettenden Sensor ausgestatteten Helm präsentiert. Wichtig sei dabei auch das Feedback der Kunden, sagt Sabrina Engelmayr, Managerin für digitale Innovationsstrategie. Von dem Umfeld ist auch sie begeistert. "Das ist ein echter Mehrwert für Nürnberg."
Tafeln mit Pegnitzblick
In der Passage ums Eck füllen sich derweil allmählich die Tische. Omar Schmelzer und Jens Brockerhof, die die Gastronomie im Augustinerhof betreiben, haben nach dem Cafe Pique Nique jetzt auch ihre Brasserie Nitz eröffnet, in der Küchenchef Henri Diagne französische Bistroküche serviert. Genießen kann man sie nicht nur im Inneren, sondern auch auf der großen Terrasse mit Blick auf die Pegnitz und zum Henkersteg. Bald soll das Lokal von Sternekoch René Stein folgen, auch das Hotel Karl August geht im August an den Start. Schmelzer plant zudem den "Karl-August-Market", als Plattform für lokale und regionale Produkte.
Noch immer sorgt die Pandemie für viele Unsicherheiten, Schmelzer und Brockerhof hoffen deshalb auf viele Sommergäste. "Was im Herbst ist, wird sich noch zeigen." Mit dem Start sind sie jedenfalls zufrieden.
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