Auswanderer: Neustart in Namibia
04.02.2009, 00:00 Uhr
Nicole und Hans-Jürgen Sauer haben ihre Koffer gepackt und pfeifen seither auf europäische Minustemperaturen. Rund 9000 Kilometer südlich ihrer alten Heimat, im afrikanischen Namibia, haben sie vor drei Jahren eine neue Herausforderung gesucht und gefunden.
Kein Traumjob
So sitzen sie heute, während Nürnberg unter Energiepreisen und Kälte stöhnt, in der warmen Sonne des Südsommers vor ihrer kleinen Frühstückspension am Atlantik, und haben’s warm. Ihr neues Zuhause steht in Swakopmund, der kleinen Hafenstadt von Namibia.
«Wir wollten einfach mal etwas Neues probieren«, sagen beide unisono im Rückblick auf die Entscheidung, die Heimat zu verlassen. Hans-Jürgen Sauer hatte hier einen kleinen Eisenwarenladen - in der Zeit großer Baumärkte nicht mehr unbedingt ein Traumjob, und seine Frau war bei «Shell« im Verkauf.
«Erfahrung im Umgang mit Kunden hatten wir also reichlich und so ein kleines Bed-and-Breakfast war schon lange ein Traum von uns«, erinnert sich Hans-Jürgen Sauer. «Im Urlaub waren wir bereits einige Male in Namibia und so fiel unsere Entscheidung letztlich in diese Richtung.«
Heimatlicher Akzent
Swakopmund ist eine gemütliche Kleinstadt, ihre Lage am Atlantik sorgt selbst im Hochsommer für eher frühlingshafte Temperaturen und ihre deutsche Geschichte für manch heimatlichen Akzent. Namibia war vor mehr als hundert Jahren für einige Jahrzehnte als Deutsch-Südwestafrika deutsche Kolonie, «Zwar leben in Namibia heute nur noch rund 30000 Deutsche, das sind gut ein Prozent der Gesamtbevölkerung, doch ihr Einfluss im wirtschaftlichen Alltag und im öffentlichen Leben sei deutlich zu spüren. «Besonders hier in Swakopmund«, ergänzt Nicole Sauer. «Bis vor einigen Jahren hieß die Hauptstraße sogar noch Kaiser-Wilhelm-Straße.«
So suchte das junge Paar also am Atlantik nach einer kleinen Pension, die zu seinen Vorstellungen und vor allem zu seinem Geldbeutel passte. Direkt im Zentrum war das ein aussichtsloses Unterfangen, denn der wirtschaftliche Aufschwung in der Region hat die Immobilienpreise für afrikanische Verhältnisse in schwindelerregende Höhen getrieben.
«Doch wir hatten Glück. Mit der ’Pension Veronika’, nur rund 15 Fußminuten vom Zentrum entfernt, konnten wir ein eingeführtes Haus übernehmen, dass von seiner Größe zu bewältigen war.« Es gibt dort fünf Zimmer mit maximal 14 Betten, die beiden fanden’s ideal.
Heruntergekommen
Leider war das Ganze 2005 gewaltig heruntergekommen. Es gab also viel zu tun. Fast sechs Monate lang wurde gebaut – manches wurde verändertet, fast alles verbessert. Dann war es soweit, Ende Juli 2006 begann ihr neues Leben in der Fremde.
Die ersten Gäste kamen und relativ schnell habe es sich herumgesprochen, dass hinter dem Namen «Veronika« wieder Qualität stand. «Die Mund-zu-Mund-Propaganda ist für so ein kleines Haus wie unsres das Wichtigste«, bestätigt Nicole Sauer, während sie im schmucken Frühstücksraum das Buffet vorbereitet.
Auch hier in Afrika seien Zeitungswerbung oder die Präsenz in den üblichen touristischen Unterkunftsverzeichnissen eine teure Sache. Apropos teuer: Nach den umfangreichen Baumaßnahmen mussten die Sauers die Preise für ihre Gäste moderat anheben. Beim heutigen Wechselkurs sei die Übernachtung für deutsche oder andere europäische Gäste aber immer noch ein Schnäppchen.
Dünen und Robben
Naturgemäß kommen die meisten von ihnen aus dem deutschsprachigen Raum. Aber auch Südafrikaner haben die kleine Pension für sich entdeckt. «Bereits nach zwei Jahren haben wir eine Reihe Wiederholungstäter, die regelmäßig bei uns einchecken«, weiß Hans- Jürgen Sauer zu berichten. Die Zusammenarbeit mit den Behörden in Swakopmund klappe gut und selbst ihre Aufenthaltsgenehmigung hatten sie, hier kein Normalfall, schnell in der Tasche.
Auf die Frage, ob sie den Schritt in die Ferne schon einmal bereut hätten, erntet man nur ein eindeutiges Kopfschütteln. «Keine Sekunde«, sagen beide ohne Zögern. «Das Wetter ist angenehmer als in Deutschland und der Alltag ist nicht so stressig. Klar, ohne Arbeit kann man auch hier nichts erreichen, doch irgendwie steckt die Gelassenheit Afrikas auch uns Neubürger schnell an.«
Einen großen Unterschied sehen sie zum Berufsalltag von früher. «Wer zu uns kommt, ist auf Urlaub aus. Das sind ganz andere Voraussetzung als in meinem Eisenwarenladen oder bei Nicole im Büro«, betont Hans-Jürgen Sauer. Die Freizeitmöglichkeiten in Swakopmund sind vielfältig. So empfehlen Sauers gern Ballonfahrten, Dünentouren oder auch Ausflüge zur Robbenkolonie am Kreuzkap.
Sehnsucht nach einer Skitour
Sicher, Familie und Freunde fehlen manchmal, doch sonst gibt es bis hin zum deutschen Brot und zur deutschen Wurst all das, was man auch in einer bayerischen Kleinstadt findet - nicht zuletzt das leckere Bier aus der Hansa-Brauerei, das streng nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut wird.
Sollte in diesen Wintertagen Sehnsucht nach einer Skitour entstehen – auch das kein Problem. Ein Thüringer lädt am Rande von Swakopmund zu wilden Abfahrtsläufen über oder zu Genusstouren auf schmalen Brettern über das endlose Sandmeer der Namibwüste ein. Die Sauers sind angekommen in ihrer neuen Heimat. Zitat: «Wir haben hier vor knapp drei Jahren unsere Koffer abgestellt und waren zuhause.«