Bald Abschiebeflüge? Nürnberger Airport soll Hotspot werden
4.6.2019, 05:57 UhrNach Informationen der Nürnberger Nachrichten sollen abgelehnte Asylbewerber bald auch vom Albrecht-Dürer-Flughafen aus ihre Reise in die Heimat antreten. Die bayerische Landespolizei hat beim Flughafen Nürnberg angefragt, ob hier die Logistik für Rückführungen vorhanden sei. Die Antwort kam prompt: Ja, die Logistik sei da. Die Geschäftsführung will sich dazu aber öffentlich nicht äußern.
Sie starten in München, Leipzig, Hamburg, Frankfurt oder Düsseldorf. Freiwillig fliegen die meisten nicht zurück. Und so kann es zu unschönen Szenen kommen, wenn Ausreisepflichtige sich buchstäblich mit Händen und Füßen gegen die Abschiebung wehren.
Oberbürgermeister Ulrich Maly, Vizevorsitzender des Aufsichtsrats der Flughafen Nürnberg GmbH, ist nicht gegen die neue Aufgabe des Airports. "Es wird nie 100 Prozent anerkannte Asylbewerber geben. Ein Teil wird immer zurückgeführt", sagt er. Ob jeder abgelehnte Asylbewerber abgeschoben werden soll und welche Länder als sichere Herkunftsländer gelten, das müsse auf einer anderen Ebene ausgetragen werden. "Aus meiner Sicht gehört aber Afghanistan nicht dazu", sagt der OB.
Abschiebungen soll beschleunigt werden
Das bayerische Landesamt für Asyl und Rückführungen in Manching bei Ingolstadt lotet aus, wie die Abläufe für Rückführungen am Flughafen Nürnberg gestaltet werden sollen. Die umstrittene Behörde hat vor knapp einem Jahr, am 27. Juli 2018, ihre Arbeit aufgenommen. Ihr erklärtes Ziel: die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber zu beschleunigen. SPD, Grüne und Freie Wähler kritisierten das Amt als populistische Wahlkampfmaßnahme, seinerzeit stand die bayerische Landtagswahl vor der Türe.
Präsident des Landesamts ist Thomas Hampel. Er war bis zu seiner neuen Funktion Inspekteur der bayerischen Polizei. Er leitete im Münchner Innenministerium den Koordinierungsstab Asyl, als 2015 besonders viele Flüchtlinge nach Bayern kamen. Hampl inspizierte kürzlich den Nürnberger Flughafen. Seine Pressestelle bestätigte, dass "derzeit geprüft wird, ob der Flughafen Nürnberg für Rückführungsmaßnahmen geeignet" sei. Weitere Details werden nicht genannt, da die Untersuchung noch läuft. Doch Insider sind sich sicher: "Es wird Abschiebeflüge von Nürnberg aus geben.“
Streifenbeamte übernehmen Abholung
Das Asyl-Landesamt arbeitet mit 103 bayerischen Ausländerbehörden zusammen. Die Ämter melden Ausreisepflichtige an das sogenannte Bayern-Bamf. Flüge werden gebucht und die Polizei beauftragt, die betroffenen Personen abzuholen.
Das erledigen in der Regel Streifenbeamte. Die wiederum übergeben die Ausreisepflichtigen an speziell geschulte Polizisten. 150 solcher Personenbegleiter gibt es im Freistaat. Sie fahren die Personen zu den gebuchten Jets und fliegen gegebenenfalls bis in die Heimat der abgelehnten Asylbewerber mit.
Bayerische Polizisten begleiten Ausreisepflichtige bis Frankfurt, Düsseldorf oder Hamburg, wenn dort ihre Maschine steht. "Wenn es nach München in Bayern noch einen weiteren Flughafen gibt, an dem Abschiebeflüge möglich sind, dann ist das für die Kolleginnen und Kollegen entlastend“, findet Rainer Nachtigall, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft in Bayern. Vorbildlich laufe es seiner Ansicht nach am Münchner Flughafen. In Nürnberg erwartet er vergleichbare Strukturen.
"In München gibt es immer sehr große Proteste"
So gibt es am Münchner Airport seit September 2018 eine Abschiebehafteinrichtung. Straftäter aus dem Ausland und ausreisepflichtige Flüchtlinge werden bis zu ihrer Rückführung dort untergebracht. Die Haftcontainer werden von Polizisten der Inspektion am Flughafen und von privaten Sicherheitsdiensten bewacht. Sie stehen in einem früheren Hangar der Fluggesellschaft Air Berlin.
Auf die Frage „Warum?“ gibt es für Grünen-Landtagsabgeordnete Gülseren Demirel nur eine stichhaltige Erklärung: "In München gibt es immer sehr große Proteste gegen Abschiebeflüge. Möglicherweise will man das entzerren“, sagt sie auf Anfrage. Der immer wiederkehrende Wortlaut der Staatsregierung, dass vor allem Straftäter abgeschoben werden sollten, gehe ihr gegen den Strich. Demirel: "Die meisten sind keine Straftäter, sondern Flüchtlinge, die in Deutschland eine Ausbildung oder einen Job haben, einen ablehnenden Bescheid erhalten und dann in den Flieger gesetzt werden.“