Baumbestattungsplätze auf dem Reichelsdorfer Friedhof

03.11.2008, 00:00 Uhr
Baumbestattungsplätze auf dem Reichelsdorfer Friedhof

© Karlheinz Daut

Franz Knödel ist ein sehr pflichtbewusster Mensch. Der 67-Jährige geht jeden Tag auf den Reichelsdorfer Friedhof. Dort pflegt er nicht nur das Grab seiner verstorbenen Frau, sondern betreut auch die Ruhestätten anderer Verwandter. Der gläubige Katholik kümmert sich darüber hinaus um einige Gräber, auf denen Efeu und Moos wuchert, deren Lichter seit Jahren nicht mehr angezündet wurden und auf denen sich Laub angesammelt hat. Stolz trägt er ein goldenes Kreuz um den Hals, das ihm einst eine Dame geschenkt hat, deren Grab er heute rührig umsorgt.

Pflegeleicht ist gefragt

Doch Menschen wie Franz Knödel gibt es immer seltener. Das weiß auch die Stadtverwaltung. Sie erklärt, dass die Bürgerinnen und Bürger immer mobiler würden und pflegeleichte Gräber gefragt seien. Deshalb gibt es jetzt nach dem Südfriedhof auch auf dem Reichelsdorfer Friedhof 130 sogenannte Baumbestattungsplätze auf einem Urnenhain. Dort wachsen Ginkgo, Eiche, Kiefer und andere Bäume, an deren Wurzeln die Urnen der Verstorbenen beigesetzt werden. In der Mitte des Hains sind auf einem runden Platz eine etwa zwei Meter hohe Gedenkstele und zwei Bänke installiert. Statt eines Grabsteins erinnert eine Tafel, die auf der Stele angebracht ist, an den Namen, die Geburt und den Todestag des Verstorbenen. In die Tafel wird auch die Nummer des Baums eingraviert, unter dem sich das Grab befindet.

Asche vermischt sich mit Erde

Ein ganz profanes Argument spricht für diese Möglichkeit der letzten Ruhe. Die Baumbestattung kostet weniger. Bestattungsunternehmer Rainer Munninger rechnet bei einer Erdbestattung mit 4.000 bis 4.500 Euro, bei der Baumbestattung seien es nur 2.000 bis 2.500 Euro. Pro Jahr kommen 100 Euro Gebühr dazu. Bei der Baumbestattung sind die Urnen aus Biopolymeren, einem Stoff, der sich rascher als andere Substanzen zersetzt. Die Idee dahinter: die Asche vermischt sich mit der Erde und schafft über diesen natürlichen Kreislauf die Grundlage für neues Leben.

Wie andere Lebensbereiche werden auch Bestattungen am Kriterium der Rationalität gemessen. «Viele Menschen wollen ihren Kindern nicht zur Last fallen«, sagt Erhard Peine, Inhaber eines Bestattungsinstituts. Deshalb entscheiden sie sich für die Variante der Baumbestattung, bei der die Hinterbliebenen keine Pflegedienste leisten müssen. Peine erhält häufig Anfragen nach anonymen Beerdigungen.

Bislang keine Urnenhaine ohne Namensnennung

In Nürnberg will man bislang keine namenlosen Urnenhaine zulassen. Individuelle Trauer und Erinnerung seien dann nicht mehr möglich, kritisiert Günther Gebhardt, Leiter der Friedhofsverwaltung: «Die Leute brauchen einen Ort der Trauer.«

Und den bieten die Gedenktafeln des neuen Urnenhains. Trotzdem werden für viele Menschen traditionelle Grabstätten weiterhin der zentrale Ort der Trauer bleiben. So wie für Franz Knödel, der jeden Tag an den Grabsteinen für seine verstorbenen Angehörigen betet.