Zerstörung der Hauptsynagoge

Bei Gedenkfeier: Nürnberger Jugend stellt sich gegen Antisemitismus

Hartmut Voigt

Lokalredaktion Nürnberg

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8.8.2021, 20:34 Uhr
Bei Gedenkfeier: Nürnberger Jugend stellt sich gegen Antisemitismus

© Hartmut Voigt

Am Dienstag kommt eine Gruppe israelischer Jugendlicher, die sich mit gleichaltrigen Deutschen in Nürnberg treffen. Gemeinsam verbringt man eine Woche in den Gastfamilien, lernt sich und die Stadt kennen und besucht zusammen das Konzentrationslager Buchenwald.

Jugendliche setzen auf Freundschaft

Die Nürnberger Geschwister Emily und Johannes gehören zur Nürnberger Jugendgruppe. "Wir wollen das Gedenken an die ermordeten Juden ehren und uns gegen Antisemitismus in unserem Land stellen", sagt Johannes Fürsattel.

Emily Fürsattel ist dankbar, dass es nach der Vernichtung der Juden im Nationalsozialismus wieder jüdisches Leben in Nürnberg gibt. Sie will sich für Hoffnung und Freundschaft einsetzen an Orten, an denen schreckliche Verbrechen begangen wurden.

Appell des Oberbürgermeisters

An das furchtbare Unrecht in der Zeit des Nationalsozialismus erinnerte auch Oberbürgermeister Marcus König und formulierte als Konsequenz: "Heutigem Antisemitismus müssen wir mit aller Kraft politisch, strafrechtlich und zivilgesellschaftlich entgegentreten."

Am 10. August 1938 hatten die Nationalsozialisten die im maurischen Stil errichtete Synagoge am Hans-Sachs-Platz zerstört.

Auf Tragen der Gesichtsmasken geachtet

Zur "Gedenkstunde der Trauer und Solidarität" hatte der Arbeitskreis "Suchet der Stadt Bestes" mit der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg eingeladen. Im vergangenen Jahr hatten ähnliche Veranstaltungen coronabedingt nur in ganz kleinem Rahmen stattfinden können. Bei der Veranstaltung im Freien wurde auch jetzt noch auf Abstand und das Tragen der Gesichtsmasken geachtet.

Bei Gedenkfeier: Nürnberger Jugend stellt sich gegen Antisemitismus

© Michael Matejka

Jo-Achim Hamburger, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg (IKGN), warnte vor ritualisierten Äußerungen: "Politiker überbieten sich regelmäßig in Sprachformeln, im schlimmsten Fall sind es Leerformeln."

"Wir brauchen radikalen Aufbruch"

Das Erinnern an den Holocaust ist unverzichtbar, aber Hamburger hat ein weiteres Anliegen: "Die meisten Aktivitäten gelten den Toten. Die lebenden Juden bleiben in unserem Land dagegen fremd und unbeachtet. Wir brauchen einen radikalen Aufbruch, wenn wir den Antisemitismus bekämpfen wollen." Alle relevanten Kreise der Gesellschaft müssten sich daran beteiligen.

Er sieht in einem Nürnberger Begegnungszentrum eine gute Chance, um auf niedrigschwelliger Ebene miteinander ins Gespräch zu kommen und jüdische Kultur kennenzulernen. Die Überlegungen stecken noch in den Anfängen, doch eine Gruppe aus städtischen Mitarbeitern und IKGN lotet Möglichkeiten aus

Offene Fragen bei geplantem Begegnungszentrum

Eine Masterstudie ist in Auftrag gegeben, bestätigt Oberbürgermeister König. Es geht neben den Inhalten um wesentliche Fragen wie: Wer ist der Betreiber? Wie kann man das Vorhaben finanzieren? Was soll dort alles stattfinden? IKGN-Vorstand Hamburger hat den Anstoß zu dem Begegnungszentrum gegeben, aber er macht deutlich: Die Trägerschaft könne die IKGN nicht übernehmen.

Ludwig Spaenle, Antisemitismus-Beauftragter der bayerischen Landesregierung, begrüßt eine derartige Begegnungsstätte, denn: "Antisemitismus war nie weg, die meisten jüdischen Friedhöfe wurden nach 1945 zerstört. Judenhass gibt es heute leider immer noch. Und Sie glauben gar nicht, wie blöd judenfeindliche Vorurteile sind."