Bildungszentrum: Domizil soll öffentliches Haus bleiben
30.3.2019, 05:53 UhrDer Mann nimmt kein Blatt vor den Mund: "Ein Ministerium passt hier nicht rein, da bin ich dagegen", meint der 71-Jährige aus der Rosenau. Und damit meint er nicht die Größe, sondern den Inhalt. Der Rentner kommt gerade aus seinem Spanisch-Kurs, dreht sich noch einmal um und blickt auf das einstige Gewerbemuseum, in dem dank Bildungszentrum soviel buntes Leben herrscht. Und wie er denken offenkundig viele, die hier ein- und ausgehen.
Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums hält die Aufregung über die weitere Raumplanung im ehemaligen Gewerbemuseum indes für "völlig unbegründet" und verlangt von den Kritikern "etwas mehr Gelassenheit". Sein Haus werde sich auch künftig eng mit der Stadt Nürnberg abstimmen – und dabei selbstverständlich die Belange der Nutzer des Bildungszentrums berücksichtigen. "Uns gefällt es in Nürnberg an unserem neuen Dienstsitz sehr gut. Deshalb haben wir eine Suche nach weiteren Räumen in der Nähe gestartet", gibt er weiter zu Protokoll. Und versichert: "Das bayerische Gesundheits- und Pflegeministerium will niemanden verdrängen."
"Bequem und barrierefrei"
Diese Hoffnung teilen viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den BZ-Kursen im Hauptgebäude am Gewerbemuseumsplatz: "Ich fände das unmöglich, wenn das Bildungszentrum dieses Haus aufgeben müsste", platzt es aus Sylvie van Eesbeeck auf dem Weg zu ihrem Rhetorik-Kurs heraus. Müsste man nicht, denkt sie laut nach, umgehend eine Petition starten, um das Haus für die Öffentlichkeit unbedingt zugänglich zu halten? Sie schätze es nicht nur wegen der angenehmen Räume. Vor allem das repräsentative Entree und Treppenhaus sollte nicht nur einem exklusiven Kreis vorbehalten bleiben. Und: "Der Betrieb hier trägt ja viel zur Belebung der Innenstadt bei." Denn viele verknüpfen einen Kursbesuch mit Besorgungen oder weiteren Terminen.
Die Anziehungskraft sei so groß, dass das auch die kleineren Volkshochschulen in Nachbarorten zu spüren bekommen, meint Jürgen Erdmann, der sich gleich mit den Teilnehmern einer Musik- und Theatergruppe trifft. Vor allem Behinderte und Senioren würden sich einem Standortwechsel eher verweigern, schätzt er. Denn "wenigstens hier ist alles bequem und barrierefrei". Als Hoffnungssignal wertet der Nürnberger nun immerhin die Ankündigung einer fraktionsübergreifenden Initiative, das Thema im Stadtrat aufzugreifen.
BZ-Umzug: Parteien fordern anderen Standort für Ministerium
Das ganze Spektrum der jeweils laufenden Kurse zeigt ein Bildschirm in der Eingangshalle. Excel- und Nähkurse stehen da neben Veranstaltungen der Altenakademie oder einem Konzert der Musikhochschule. Und natürlich Sprachkursen. Für Italienisch hat sich zum Beispiel Michaela Moritz eingeschrieben. Sie ist Hörerin, zugleich aber Dozentin im Bereich Philosophie. "Ich finde es schon gut, wenn ein Ministerium auch in Nürnberg angesiedelt ist", sagt sie. Aber wenn das Bildungszentrum weichen müsste, wäre es mit der Idee eines Campus rund um die Bildung vorbei.
Mehr als 2000 Kurse im Jahr
"Die Lage ist einfach gut, ich würde mich wohl nicht mehr einschreiben, wenn das BZ hier weichen müsste", meint Elisa R., die aus einem Französisch-Kurs kommt – und nicht zuletzt den Blick aus dem Kursraum über die Altstadt zu schätzen weiß. "Wenn ich beim Ministerium angestellt wäre, würde ich vielleicht etwas anderes sagen", überlegt sie noch – und schwingt sich auf ihr Fahrrad Richtung Erlenstegen.
Wie viele Bildungshungrige täglich im einstigen Gewerbemuseum ein- und ausgehen, ist nicht so einfach zu ermitteln. Mehr als 2000 Kurse im Jahr – von unterschiedlicher Dauer und Größe – finden in dem Gebäude statt. Selbst sonntags gibt es Angebote; dazu kommen zahllose Extra- und Gastveranstaltungen. Grob über den Daumen gepeilt, kommen täglich Hunderte von Bürgerinnen und Bürger zu Veranstaltungen in das Haus.
BZ-Umzug: Bildung gehört ins Herz der Stadt
Unterdessen schließt sich auch der Bürgerverein Nürnberg-Altstadt der Forderung an, das BZ müsse am Gewerbemuseumsplatz bleiben. "Es bildet mit Norishalle, Stadtbibliothek, Kunsthalle, Neuem Museum, KunstKulturQuartier, Germanischem Museum und Planetarium eine einzigartige Kulturkonstellation", heißt es in einer Stellungnahme. "Als Lern-, Kultur- und Kommunikationsort ist es für uns ein wichtiger Teil des sozialen Lebens in der Altstadt", so die Vorsitzende Elisabeth Most. "Gerade im Kontext der Kulturhauptstadtbewerbung wäre eine Zerschlagung des Bildungscampus völlig unverständlich."
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