Blick hinter Istanbuls Mode-Kulissen
17.03.2010, 00:00 Uhr
Textilproduktion hautnah beobachten, die neuesten Modetrends entdecken, in Jahrtausende alte Geschichte eintauchen und mit dem Schiff in wenigen Minuten von Europa nach Asien fahren: In der Modemetropole der Türkei gab es jede Menge zu erleben.
Ohne Zuschüsse
Das Besondere an der Istanbul-Reise war, dass die jungen Modeschneiderinnen ganz ohne Zuschüsse auskommen mussten. Mit viel Kreativität und Hartnäckigkeit hatten sie im Vorfeld nahezu Unmögliches möglich und den Traum von Istanbul wahr gemacht.
»Viele Menschen, Katzen und Lärm», so schildern die Berufsschülerinnen ihre ersten Eindrücke der geschäftigen Metropole am Bosporus. »Völlig übernächtigt und frierend» kamen sie an und wurden gleich entschädigt: »Wir hatten unser putziges Hostel nahe der berühmten Hagia Sofia fast für uns allein.»
Nase oben
Ein straffer Zeitplan prägte den knapp einwöchigen Aufenthalt. Der Besuch der Istanbuler Modeakademie IMA zählte zu den Höhepunkten. »Wahnsinn, wie modern und opulent die Schule ausgestattet ist», berichtet Sepideh Khosravi. Statt sich von so viel Glanz blenden zu lassen, erkannten die Nürnbergerinnen aber auch: »Es wird überall nur mit Wasser gekocht.» Besonders herzlich war der Empfang an der exklusiven internationalen Akademie nicht: »Die hatten die Nase ziemlich weit oben», lautet das einhellige Urteil.
Ein ganz anderes Klima herrschte bei den Traditionsfirmen Altinyildiz und VAKKO. Dort nahm man sich viel Zeit für den Besuch aus Deutschland. »Man konnte den Fertigungsprozess von der Rohwolle zum fertigen Kleidungsstück verfolgen», sagt Sarah Böke. Hauseigene Kunstsammlungen, Nobelkantinen oder maßgefertigte Ohrenstöpsel für die Mitarbeiter - beide Firmen waren »so perfekt, dass man es kaum glauben konnte».
Nicht um die Regel
Den Frauen ist bewusst, dass es sich hierbei nicht um die Regel in der Türkei handelt. Obwohl sich vieles gebessert hat, kämpfen die türkischen Gewerkschaften noch immer mit der Schwarzarbeit und vielerorts mit mangelndem Arbeitschutz. Seit die billigere Konkurrenz aus Fernost die Textilpreise drückt, will sich die Türkei als Modenation positionieren. Sie geht gegenwärtig einen spannenden Weg vom Produktionsland zum Designparadies.
Deswegen freute die Nürnberger Modeexpertinnen, dass auch noch Zeit für eine Shoppingtour durch Istanbuls Boutiquen blieb: »Wir haben jede Menge Inspiration für unsere geplanten Trendbücher erhalten», meint Melanie Börner.
Selbständige Planung
Für so viel Initiative und selbstständige Planung gab es noch mal ausdrücklich Lob von den begleitenden Lehrerinnen: »Das ist etwas ganz Besonderes», resümierten Ulla Schlums-Linnenkohl und Ute Braum höchst zufrieden. Auch die Gemeinschaft sei nach der Fahrt noch stärker geworden. Andere Klassen der B5 sollen schon vom Reisefieber infiziert worden sein.