Bordelle müssen schließen: Corona trifft auch Frauentormauer

Claudine Stauber

Lokalredakteurin Nürnberg

E-Mail zur Autorenseite

17.3.2020, 05:54 Uhr
Die bayerische Staatsregierung hat den Katastrophenfall ausgerufen, doch im Rotlichtbereich ist die Katastrophe längst angekommen.

© Roland Fengler Die bayerische Staatsregierung hat den Katastrophenfall ausgerufen, doch im Rotlichtbereich ist die Katastrophe längst angekommen.

Angelina ist schon fort, Gina und Roxana auch, keine Spur von Lara oder Madi. Drei von einer GmbH betriebenen Bordelle an der Nürnberger Frauentormauer, in denen 23 Frauen im "erotischen Ambiente" tätig waren, haben sich wegen des Corona-Virus bereits geleert. Ab heute ist nun der Betrieb in allen Freudenhäusern offiziell untersagt.

Die bayerische Staatsregierung hat den Katastrophenfall ausgerufen, doch im Rotlichtbereich ist die Katastrophe längst angekommen. Die meisten selbstständigen Prostituierten, die in den Häusern Zimmer gemietet hatten, seien in ihre osteuropäische Heimat zurückgekehrt, sagt die zuständige Geschäftsführerin. Dort seien sie nach der Einreise sofort in Quarantäne gekommen.

Wie es weitergeht? Keiner wisse das, heißt es. Auch diese Branche trifft das Virus existenziell. Eineinhalb Meter Sicherheitsabstand — das ist in der käuflichen Liebe nun mal nicht zu machen. Da helfen auch die auf der Internetseite der betroffenen GmbH erwähnten Serviceleistungen wie "Waschmöglichkeit, verstärkte Betten und Wechselbettwäsche" nicht.


Coronavirus: EU plant Einreisebeschränkung für 30 Tage


Die Fensterplätze an der Frauentormauer, von denen aus Angelina und ihre 22 Kolleginnen mit den Kunden über Preise und Dienstleistungen verhandelt haben, sind leer. Verluste im hohen fünfstelligen Bereich hätten sich in den Büchern bereits angesammelt, so die Geschäftsführerin auf Anfrage. Schon in den letzten Wochen seien immer weniger Männer gekommen.

Besonders massiv habe sich die Absage mehrerer publikumsträchtiger Messen in Nürnberg aufs Geschäft ausgewirkt. Ihre Firma arbeite streng nach dem Prostituiertengesetz, betont die Bordell-Chefin. "Jetzt müssen wir das durchstehen, ohne in die Insolvenz zu rutschen oder unsere Konzession zu verlieren. Für uns ist das der Super-GAU."

Man rechne mit einer längeren Schließzeit, hoffe aber, dass die Frauen eines Tages zurückkehren können. Dass Angelina, Roxana und die anderen Frauen ihren Platz im Fenster wieder einnehmen.


Steuerrazzia an der Frauentormauer: Eine Person festgenommen


Zum Thema: In den Nürnberger Nachrichten erscheint während der Corona-Krise nun regelmäßig die Rubrik "Total Viral". In ihr werden verschiedene Themen rund um das Coronavirus in der Region aufgegriffen.

Verwandte Themen


3 Kommentare