Brand in der Marthakirche: Suche nach der Ursache

13.06.2014, 05:57 Uhr
Brandermittler Joachim Schmidt im Interview.

© Stefan Hippel Brandermittler Joachim Schmidt im Interview.

Herr Schmidt, man kann sich gar nicht vorstellen, wie Sie in den Trümmern von St. Martha die Brandursache finden wollen. Gleicht Ihre Arbeit der berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen?

Joachim Schmidt: Nein. Man muss es ganz nüchtern betrachten. Wir gehen wissenschaftlich vor. Wir schließen eine Brandursache nach der anderen aus.Nachdem in der Marthakirche Bauarbeiten stattgefunden haben, haben wir den Fokus erst einmal auf die elektrische Stromzuleitung gerichtet. Bei dem hohen Zerstörungsgrad ist allerdings alles spekulativ.

Das Feuer soll im Dach nahe der Orgel ausgebrochen sein. Stimmt das?

Schmidt: Das lässt sich nicht mehr feststellen. Der Brand kann stundenlang unentdeckt gewesen sein. Wenn es in einer Wohnung einen Schwelbrand gibt und Plastik im Spiel ist, dann riechen das die Nachbarn sofort. Aber in der Kirche war alles aus Holz. Das nimmt man nicht so deutlich war.

Ihre Ermittler können erst Ende des Monats in die Kirche.

Schmidt: Ja, aber auch dann nur eingeschränkt. Das hängt damit zusammen, dass die Balken kreuz und quer hängen und Gesteinsbrocken ungesichert sind. Wir müssen erst den Rückbau abwarten. Den wollen wir begleiten. Vorher betrachten wir aber von außen noch einmal eine Stelle am Chor, wo die Stromverteilung reingeht. Wir wollen den Grundstock für die Untersuchung des Sachverständigen des Landeskriminalamts bilden.

Was kann der Physiker vom LKA, was Ihre Leute nicht können?

Schmidt: Der zieht das vom wissenschaftlichen Aspekt her auf. Er untersucht Stromleitungen oder Rudimente davon auch im Labor. Er schaut sich die Schaltpläne an und vergleicht diese mit den verkohlten Resten, um herauszufinden, ob möglicherweise eine Fehlschaltung vorlag. Er fragt, ob Geräte angeschlossen waren, die zu viel Strom gezogen haben, und es deshalb zu einem Kurzschluss kam.

Mit jedem Tag, der ins Land geht, werden die Spuren schlechter, oder?

Schmidt: Solange kein Gewitter darüberzieht oder starker Wind durchfährt, der weitere Balken einstürzen lässt, geht es. Es ist eh schwierig genug.

Gibt es Hinweise darauf, dass das Feuer absichtlich gelegt wurde?

Schmidt: Nein, es gibt weder Anzeichen noch Ermittlungshinweise. Wenn man sich den Ort ansieht: Die Kirche war versperrt, der Zugang war versteckt und nur über ein dreistöckiges Gerüst möglich. Da müsste ein Täter schon viel Fantasie haben.

Bleiben also als Möglichkeiten: Ein technischer Defekt oder dass ein Mitarbeiter einer Sanierungsfirma eine Zigarette achtlos weggeworfen hat.

Schmidt: Denkbar. Aber nicht belegbar.

Wie sind Sie und Ihre Ermittler eigentlich vorgegangen?

Schmidt: Zunächst haben wir uns von außen einen Überblick verschafft. Wir haben viele, viele Fotos gemacht — mit dem Ergebnis: Es gibt keine Möglichkeit, den tatsächlichen Brandausbruchsbereich anhand dieser Untersuchung zu lokalisieren. Den Brandausbruch lokalisieren — das ist das eigentliche Ziel, um dann Spuren zu finden, die Rückschlüsse auf die Ursache zulassen.

Das hört sich nicht so an, als wären Sie zuversichtlich, den Fall Marthakirche aufklären zu können.

Schmidt: Ich bin tatsächlich nicht sehr optimistisch. Wir können nur mit Fakten arbeiten. Sobald ich Zweifel an einer Ursache habe, kann ich niemandem etwas zur Last legen.

Bis wann rechnen Sie mit einem Ergebnis?

Schmidt: Wenn sich nichts Neues ergibt, wird der Fall Ende des Monats zu den Akten gelegt. Da müssten jetzt schon Hinweise kommen, dass sich irgendjemand aus schlechtem Gewissen dazu bekennt, dass er der Täter ist. Was ich nicht glaube. Die Kollegen arbeiten gut, aber ich glaube nicht, dass wir am Ende zu 100 Prozent sagen können: Das ist es gewesen.

Sie haben aber schon Brände von vergleichbarem Kaliber untersucht.

Schmidt: Ja, mehrere. Die Brände bei 2-H-Papier und beim Autozulieferer in der Edisonstraße oder das Feuer in der Diskothek „Bounce“ am Kohlenhof zum Beispiel.

Eine Frage noch: Warum, um alles in der Welt, wird man eigentlich Brandermittler? Der Job ist schmutzig, anstrengend und gefährlich.

Schmidt(lacht): Die Brandermittlung ist die hohe Schule der Kriminalistik. Wir machen unsere eigene Tatortarbeit. Wir sind die, die Leute vernehmen, die Fahndung ausschreiben und den Abschlussbericht schreiben. Alles liegt in einer Hand.

Dass es einen extra Erkennungsdienst gibt, der einem den Tatort aufnimmt, wie man das auch aus Krimis kennt, das gibt es bei uns nicht. Man muss eine Affinität zum wissenschaftlichen Arbeiten haben und alle kriminalistischen Tricks und Kniffe kennen.

 

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