Zulassung steht noch aus

Corona-Impfung für Kinder? Das sagt ein Experte

Stefanie Taube

Lokalredaktion Nürnberg

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28.10.2021, 15:38 Uhr
In den USA sollen bald auch Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren gegen das Coronavirus geimpft werden. In Deutschland wird es noch ein wenig dauern, Experten sprechen sich aber bereits jetzt für die Impfung von Kindern aus.

© Mareen Fischinger via www.imago-images.de, NN In den USA sollen bald auch Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren gegen das Coronavirus geimpft werden. In Deutschland wird es noch ein wenig dauern, Experten sprechen sich aber bereits jetzt für die Impfung von Kindern aus.

425. So hoch ist die Sieben-Tage-Inzidenz in der Gruppe der Fünf- bis 14-jährigen in Bayern laut Robert-Koch-Institut am Donnerstag, 28. Oktober. Tendenz steigend – rapide. Eine Woche zuvor lag sie noch bei 192, Anfang September bei rund 100, Mitte Juli bei 10. Schulen mit besonders hohen Fallzahlen führen gerade die Maskenpflicht wieder ein, in einigen Kommunen werden einzelne Kindergartengruppen geschlossen.

Klar ist: Die Zahlen in dieser Altersgruppe sind auch deswegen so hoch, weil die Kinder regelmäßig getestet werden. Die derart schnell ansteigenden Fallzahlen führen aber vor allem bei Eltern dennoch zu einer großen Verunsicherung. Zur Entspannung der Lage kann die nun diskutierte Impfzulassung für Kinder unter zwölf Jahren beitragen.

In den USA könnten Corona-Impfungen für Kinder ab fünf Jahren bereits Anfang November beginnen – in Deutschland müssen sich impfwillige Eltern voraussichtlich auf einen deutlich späteren Start einstellen. Der Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske, rechnet mit einer Zulassung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer durch die EU-Arzneimittelbehörde EMA frühestens Mitte November.

Risiko einer Off-label-Impfung

"Sollte es zu einer Zulassung des Impfstoffes für Kinder kommen, ist dies eine gute Nachricht für alle Familien, die sich im Moment mit dem Risiko einer Off-label-Impfung, also einer Impfung ohne Zulassung, beschäftigen", sagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, Jörg Dötsch.

Aber ob und zu welchem Zeitpunkt es eine Empfehlung für eine Impfung der unter Zwölfjährigen geben wird, hänge von der EMA und dann auch von der Ständigen Impfkommission (Stiko) ab. "Wir gehen davon aus, dass es zunächst zu einer Empfehlung für Kinder mit besonderen Risikofaktoren kommen könnte. Später dann, sobald genügend Daten hinsichtlich der Nebenwirkungen vorliegen, wird sich die Stiko sicherlich mit einer Ausweitung der Empfehlung zur Impfung auch für Kinder ohne Vorerkrankungen beschäftigen", so Dötsch.

Kein Nullrisiko

Kinder haben ein geringeres, aber kein Nullrisiko für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung. Das Risiko für die seltenen schweren Verläufe bei Kindern hängt von Vorerkrankungen, aber auch vom Alter ab. Säuglinge werden laut Statistiken etwas häufiger im Krankenhaus behandelt als Grundschulkinder. Die meisten schweren Fälle treten in der Altersgruppe der Jugendlichen auf.

Biontech plant Impfstoff für Fünf- bis Elfjährige in wenigen Wochen

Eine Studie der Berliner Universitätsklinik Charité sieht bei Kleinkindern einen entscheidenden Vorteil und damit den Grund für nur sehr wenige schwere Verläufe: Ihre oberen Atemwege haben eine deutlich effektivere Immunantwort im Falle einer Virusinfektion, was zu milden Verläufen führt. Bis September 2021 sind in Deutschland etwas mehr als 1400 Kinder im Krankenhaus behandelt worden – im Vergleich mit anderen Altersgruppen eine sehr geringe Quote.

Keine vorschnellen Entscheidungen

Nicht zuletzt deshalb fällt ein Gremium wie die EMA oder auch die Stiko bei Kindern keine vorschnellen Entscheidungen hinsichtlich einer Impfempfehlung, sondern wägt Nutzen und Risiken genau ab.

"Es ist wichtig, dass die Stiko, die sich aus einer großen Zahl international anerkannter Experten mit langjähriger Erfahrung und auch unterschiedlichem fachlichen Hintergrund zusammensetzt, zu einer ausschließlich wissenschaftlichen und medizinisch fundierten Einschätzung kommen kann", sagt Dötsch und ergänzt: "Die Entscheidung darf nicht von politischen Überlegungen beeinflusst werden. Wir lehnen es zudem ab, dass Kinder zum Schutz der Erwachsenen geimpft werden." Es sei notwendig, dass für die Impfempfehlung von Kindern immer ein individueller Nutzen für diese zu erkennen sei.

Kommentar: Entscheidung über Impfempfehlung für Kinder ist nicht Sache der Politik

Dötsch stellt aber auch klar: "Auch wenn Kinder glücklicherweise in den allermeisten Fällen einen milderen Verlauf als Erwachsene zeigen, so gibt es doch Kinder, die schwerer erkranken und auch ins Krankenhaus müssen. Bei diesen Kindern ist es für ihre Gesundheit von Vorteil, wenn sie geimpft sind."

Ein zweiter Vorteil der Impfung bestehe darin, einen erneuten Verlust an Schule und sozialer Teilhabe zu verhindern. "Wir wissen aus der Pandemiezeit, dass dies zu einer Beeinträchtigung der seelischen Gesundheit der Kinder und Jugendlichen geführt hat." Der Mediziner spricht sich alles in allem dafür aus, auch Kinder zu impfen, gibt aber zu bedenken: "In letzter Instanz haben wir Erwachsenen erheblich mehr Verantwortung, uns und andere zu schützen. Sei es durch Impfung oder Einhalten der Hygieneregeln. Dazu gehört auch, dass wir die Pflicht haben, uns angemessen zu informieren, um zu verhindern, dass wir unwahren oder falschen Informationen aufsitzen."

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