Corona und die Wahl: Ein Bonus für Amtsinhaber?
25.3.2020, 13:30 UhrEdmund Stoiber wurde 2002 nicht Bundeskanzler. Dabei hatte es für den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten im Vorfeld gar nicht schlecht ausgesehen. Die Union mit ihrem CSU-Kandidaten lag in den Umfragen immer wieder vorne, die Bilanz des Amtsinhabers Gerhard Schröder und der Rot-Grünen-Koalition war nach vier Jahren durchwachsen. Doch dann begann es zu regnen. Im Osten Deutschlands stieg die Elbe immer weiter, bis schließlich die Dämme brachen.
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Die Bilder von Schröder, wie er mit grünem Regenmantel und Gummistiefeln durch die verschlammte Innenstadt von Grimma läuft, gingen anschließend durch die ganze Republik. Während Stoiber sich über den "Hochwassertourismus" ausließ, präsentierte sich Schröder als Macher und wurde auch deshalb knapp erneut zum Kanzler gewählt. "In Krisenzeiten profitiert der Amtsinhaber, außer er wird persönlich für die Katastrophe oder deren Verlauf verantwortlich gemacht", sagt der Politikwissenschaftler Dr. Martin Groß vom Münchner Geschwister-Scholl-Institut der Ludwigs-Maximilian-Universität.
So stürzte das Ansehen des ehemaligen US-Präsidenten dramatisch ab, nachdem die Südstaaten-Metropole New Orleans durch den Hurrikan "Katrina" in den Fluten versank und Zehntausende tagelang ohne Hilfe ausharren mussten. Das schlechte Krisenmanagement wurde ihm direkt angelastet. Auf Kommunalwahlen lässt sich diese Regel laut Groß jedoch nur bedingt übertragen. Anders als auf nationaler Ebene "zählt hier der Bekanntheitsgrad und die politische Leistungsbilanz."
Schwierig vorherzusagen
Doch die Zeiten sind alles andere als normal, die Ausbreitung des Corona-Virus und die damit verbundenen Einschränkungen im Alltag sind das dominierende Thema und auf landespolitischer Ebene spielen die anstehenden Stichwahlen in Bayern kaum noch eine Rolle, sagt Groß. Welche Folgen die Krise auf die Entscheidungen haben wird, sei schwierig vorherzusagen. "So eine Situation gab es schließlich noch nie", so der Kommunalpolitik-Experte Groß.
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Auf die Wahl vor zwei Wochen hat die Corona-Krise in seinen Augen keinerlei Auswirkungen gehabt. Für die Stichwahlen hält er es aber durchaus für möglich, dass bisherige Bürgermeister und Landräte von einem gewissen Vorteil profitieren, weil die Menschen in diesen völlig ungewohnten und unsicheren Zeiten auch auf dieser Ebene eher auf das Bekannte setzen. Zudem "ist es ja sehr still gewesen, weil kein persönlicher Wahlkampf mehr möglich war", so Groß.
Entsprechend gering war die Möglichkeit, in den letzten Tagen in der Öffentlichkeit mit klassischen Mitteln wie Profil zu bilden, was ebenfalls bisherigen Amtsinhabern nützen könnte. In jedem Fall rechnet Groß mit einer hohen Wahlbeteiligung am Sonntag. "Durch die Briefwahl werden wohl mehr Bürger abstimmen", meint er. Zumal sich die Menschen durch die Beschränkungen vor allem zuhause aufhalten und mehr als genug Zeit haben, ihr Kreuz zu machen.
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