Darum strahlen heute Nacht fränkische Kultur-Locations in Rot

Anette Röckl

NN-Redaktion Gesellschaft

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22.6.2020, 13:19 Uhr

Im Max-Morlock-Stadion wird auf Hochtouren gewerkelt. Montagnacht sollen die vier Flutlichtmasten rot angestrahlt in den Himmel ragen. Auf der LED-Bande um den Spielfeldrand wird in Rot „Night of Light“ erscheinen, ebenso auf dem Spielfeld. Es ist der Name der Aktion, die sich die LK-AG, ein Anbieter für Live- und Markenkommunikation aus Essen, einfallen hat lassen, um auf die dramatische Lage der Veranstaltungsbranche hinzuweisen.

Die Idee hat mittlerweile eine riesige Resonanz: Über 250 Städte beteiligen sich bundesweit, über 5000 Unternehmen aus der Branche wollen gemeinsam ein Zeichen setzen. Und in der Nacht von Montag auf Dienstag ab 22 Uhr ihre Gebäude und Veranstaltungsorte in rotes Licht tauchen. Um zu signalisieren: Es herrscht Alarmstufe Rot bei uns. Auch in Nürnberg sind über 20 Veranstaltungsorte dabei.

„Beeindruckend“ findet Frank Schmidt, technischer Leiter der Stadion Nürnberg BetriebsGMbH diesen Schulterschluss, in einer Branche, die keine gemeinsame Lobby hat. Auch der Betriebsgesellschaft des Stadions ist ein ganzer Unternehmenszweig weggebrochen. Denn neben der Austragung von Fußballspielen ist das Stadion deutschlandweit als Veranstaltungsort, sei es für Konzerte, Messen oder Feiern, gut gebucht. Unter den aktuellen Umständen könne man zwar ein paar nette Sachen machen. „Aber nichts, mit dem man Geld verdienen kann“, sagt Schmidt.

Die Veranstaltungsbranche war als erste von den Maßnahmen der Regierung gegen die Ausbreitung von Covid 19 betroffen. „Und sie wird als letzte wieder beginnen können. Die Branche liegt am Boden“, sagt Schmidt. Die Dramatik der Lage in dieser Branche sei bei der Politik aber immer noch nicht angekommen, sagt Saskia Herrmann, Mit-Geschäftsführerin von Billman Event GmbH. Die Firma für Veranstaltungs- und Konferenztechnik, ist im Stadion für die Technik zuständig. 60 Prozent an Umsatz hat das Nürnberger Unternehmen in der ersten Jahreshälfte bereits verloren.

Herrmann malt die Zukunft der Branche mit rund einer Million Beschäftigter, nicht als einzige, düster aus. Man rechne damit, dass 60 Prozent der Firmen in der Branche nicht überleben werden. So richtig die Maßnahmen der Regierung seien, um die Ausbreitung von Covid 19 zu verhindern, müsse man dann aber auch die Konsequenzen abfedern. Was bisher dazu unternommen wurde, reiche nicht annähernd aus. Die Folgen würden alle spüren. „Viele freuen sich darauf, wenn der Spuk vorbei ist, 2021 wieder auf Konzerte und Veranstaltungen zu gehen. Aber die wird es vielleicht nicht geben, weil es die technischen Firmen dahinter nicht mehr gibt“, sagt Herrmann.

In ganz Franken beteilgen sich viele an der Aktion, vom Steiner Schloss übers Fürther Stadttheater bis hin zum E-Werk in Erlangen. In Nürnberg sind unter anderem die Meistersingerhalle, die Arena, der Z-Bau, die Desi, beide Autokinos, aber auch kleinere Agenturen dabei. Auch viele Soloselbständige und Kulturschaffende sind mit von der Partie, die Montagabend am Jakobsplatz ein Zeichen setzen und der Veranstaltungsbranche sozusagen ein Gesicht verleihen wollen. Simon Röschke, als Ball-Organisator in Nürnberg bekannt, befürwortet die Aktion und lässt sein Autokino rot erstrahlen. Auch Patrick Kraft von der Event-Agentur projekt.mediengruppe, die ihr Gebäude anleuchten wird, findet es ein gutes „Lebenszeichen“.


Verbot von Großveranstaltungen: Event-Szene in Nürnberg geschockt


Nicht ganz überzeugt von der Sinnhaftigkeit der „Night of Light“ ist dagegen Veranstalter Peter Harasim, der Hirsch und Löwensaal bespielt. Zumal er gerade 370 Veranstaltungen umplanen muss und weder Zeit noch Mitarbeiter hat. In den Rücken fallen will er der Aktion nicht. „Aber bringt sie uns einen Millimeter weiter?“ Er überlegt trotzdem noch, ob er und sein Team mitmachen. „Im Geiste knipsen wir das rote Licht auf alle Fälle auch an“, sagt er.

Auf der „Roten Liste“ der aussterbenden Branchen

Die Initatoren der bundesweiten Aktion, die LK-AG, erklärt die Wahl der Farbe Rot auf ihrer Website. Demnach soll ausgedrückt werden, dass sich die Veranstaltungswirtschaft sich auf der „Roten Liste“ der aussterbenden Branchen befindet. "Wir sind eine Gemeinschaft und haben das gemeinsame Ziel eines Branchendialogs mit der Politik", heißt es weiterhin. Man wolle Montagnacht einen flammenden Appell an die Öffentlichkeit richten, zudem stehe die Farbe Rot "für die Leidenschaft für unseren Beruf".

Weitere Infos zu der geplanten "Night of Light"-Aktion finden Sie hier.


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