Das kleine Einmaleins der Demokratie

Nürnberg - Marschierende Neo-Nazis, bewaffnete Kindersoldaten, mordende Dschihadisten: Wer die Nachrichten verfolgt, kommt um Meldungen über Extremismus nicht herum. Das gilt schon für Kinder im Grundschulalter. Sie werden ständig mit Begriffen und Schlagworten konfrontiert, die sie nicht einordnen können. Damit sich Schüler mit diesem Phänomen auseinandersetzen können, müssen Grundschullehrer ein Höchstmaß an Feingefühl, aber auch erzieherischem und methodischem Geschick aufbringen.

Schulen aus Nürnberg und dem Nürnberger Land haben sich 2016 im Rahmen eines von der EU geförderten Erasmus-Plus-Programms mit Schulen aus Wales und der Slowakei zusammengeschlossen, um spezielle Unterrichtskonzepte zu entwickeln. Das Projekt "Herausforderung Extremismus" soll acht- bis elfjährigen Schülern ein sicheres Umfeld bieten, um sensible Themen rund um Extremismus diskutieren und der Herausforderung Extremismus begegnen zu können. Zum Abschluss des dreijährigen Projekts waren Delegationen aus Cardiff und Bratislava in Nürnberg zu Gast, um sich auszutauschen und Ergebnisse zu vergleichen.

In der fünften oder sechsten Klasse könne es schon zu spät sein, erklärt Schulamtsdirektor Jörg Baldamus in der Aula der Johann-Daniel-Preißler-Schule. Laut Experten werden die Einstellungen von Kindern sehr früh geprägt. Umso wichtiger sei es, schon im Grundschulalter Respekt und Toleranz zu stärken und Demokratieverständnis zu fördern.

Der Standpunkt - Ein Kommentar von Johannes Handl

Für Toleranz ist es nie zu früh

In verschiedenen Unterrichtseinheiten lernten die Schüler, dass sie eine Stimme haben, unabhängig von ihrem kulturellen oder religiösen Hintergrund. Es ging aber nicht nur um die Möglichkeit, seine Stimme zu erheben, sondern auch die Meinung anderer zu respektieren und Empathie zu zeigen. Anhand kurzer Videos stellten die Schüler fest, wie schnell man sich durch eigene Vorurteile eine Meinung bildet, mit dieser aber völlig danebenliegen kann.

Auch wenn die Schulen in den einzelnen Ländern thematisch unterschiedlich vorgingen, wie Pädagogin Maria Pappova aus Bratislava erklärt, waren ihre Ziele doch dieselben. Das Projekt hätte allen Beteiligten neue Impulse gegeben, ist sie überzeugt.

Barrie Philipps, Leiter des walisischen Bildungsprojekts GOT – Getting On Together, zu Deutsch: miteinander auskommen –, hat den Eindruck, dass die Kinder durch das Projekt völlig verändert seien. Er fordert alle Beteiligten auf, ihr Wissen und die gesammelten Erfahrungen an andere Lehrer weiterzugeben. Und damit soll längst noch nicht Schluss sein, schließlich stehen alle Videos und Inhalte online für jedermann zur Verfügung.

Auch Baldamus bewertet das Projekt, das von einem externen Berater wissenschaftlich evaluiert wurde, durchweg positiv: "Es hat die Kinder emotional stark beschäftigt. Sie beziehen sich immer wieder darauf. Manchmal auch erst Monate später."

Info: www.herausforderung-extremismus.de