Deniz K. muss für zweieinhalb Jahre hinter Gitter
14.11.2012, 18:14 UhrDer Urteilsspruch brachte das Fass zum Überlaufen: Als der 19-jährige Deniz K. am Mittwoch vom Landgericht Nürnberg-Fürth für die Angriffe auf Polizeibeamte bei einer Demo zu zweieinhalb Jahren Jugendhaft wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt wurde, gab es für seine Unterstützer im Zuschauerraum kein Halten mehr: Lautstark skandierten sie "Freiheit für Deniz" und beschuldigten das Gericht, ein politisches Urteil gegen ihren Freund getroffen zu haben - bis sie von der Polizei zum Verlassen des Saales gezwungen wurden und der Vorsitzende Richter mit der Urteilsverkündung fortfahren konnte.
Demnach sah es die Jugendkammer als erwiesen an, dass der aus dem baden-württembergischen Esslingen stammende Deniz K. bei einer Demo des "Antifaschistischen Aktionsbündnisses Nürnberg" (Antifa) im März mit einer spitzen Holzstange "mit Anlauf und mit Wucht" auf Kopf und Oberkörper von zwei Polizisten einstach, weil diese die Demonstranten daran gehindert hatten, von der für den Aufzug genehmigten Route in der Nürnberger Innenstadt abzuweichen. Da die Beamten - eine junge Polizistin und ihr Kollege - einen Schutzanzug und Helm trugen, blieben sie unverletzt.
Das Gericht verurteilte den 19-Jährigen darüber hinaus wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch. Vom Vorwurf des versuchten Totschlags wurde er aber freigesprochen. So konnte auch mithilfe zum Teil unscharfer Video- und Fotoaufnahmen nicht zweifelsfrei bewiesen werden, dass der 19-Jährige zu einem früheren Zeitpunkt der Demo bereits drei andere Beamte mit der Stange angegriffen und einen davon am Hals leicht verletzt hatte. Die Anklage hatte ursprünglich auf fünffachen versuchten Totschlag gelautet.
Für Prozessbeobachter kam die Reaktion der rund 40 Anhänger des 19-Jährigen nicht überraschend: Immer wieder hatten sie die Verhandlung mit Zwischenrufen und hämischen Kommentaren gestört und die Einlassungen von Deniz' Anwälten zustimmend beklatscht. Im Gegenzug hatten sie der Polizei bei der Demo unangemessenen Schlagstockeinsatz vorgeworfen - tatsächlich wird gegen einen der Beamten deswegen ermittelt.
"Kein politischer Prozess"
Dem Vorsitzenden Richter Dieter Weidlich war es lange gelungen, über die Störungen in seinem Prozess hinweg zu sehen. Am Mittwoch war Schluss damit. "Das hier war kein politischer Prozess", betonte Weidlich - noch vor vollem Zuschauerraum. Hier sei nicht die politische Gesinnung des Angeklagten zu bewerten gewesen, sondern, ob er sich als Demonstrationsteilnehmer in krimineller Weise verhalten und strafbar gemacht habe.
Als Deniz, der den Prozess bis dahin weitgehend mit einem Grinsen im Gesicht und schweigend verfolgt hatte und auch keine Angaben zu den Vorwürfen machen wollte, daraufhin laut in die Menge rief: "Bevor man mich schuldig spricht, sollte man alle Polizisten schuldig sprechen", eskalierte die Stimmung - der Saal wurde geräumt.
Ob das Urteil gegen den 19-Jährigen rechtskräftig wird, ist noch offen. Seine Verteidiger erklärten, über Revision nachzudenken. Sie hatten für ihren Mandanten einen Dauerarrest von vier Wochen beantragt. Oberstaatsanwältin Ulrike Pauckstadt-Maihold hatte dreieinhalb Jahre Jugendhaft gefordert. Auch sie ließ es offen, Revision einzulegen.
Im Mai war Deniz schon einmal wegen gefährlicher Körperverletzung von Polizisten bei einer Demo gegen das Bahnprojekt "Stuttgart 21" verurteilt worden. Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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