Der Affenberg gehört dem Ziesel

11.08.2010, 23:05 Uhr
Der Affenberg gehört dem Ziesel

© Michael Matejka

"Ja, wo isser denn?", war wohl der meist gedachte Satz am gestrigen Mittwoch im Tiergarten. Mit "er" ist kein geringerer als Spermophilus citellus gemeint: der Ziesel. Das paarungsfreudige rattengroße Tierchen hat gemeinsam mit Schildkröten und Eidechsen ein neues Zuhause am Affenberg gefunden. Besser gesagt: im Affenberg, denn sehen ließ sich der Ziesel genauso wenig wie die anderen Tiere. Vielleicht ist der Nager aber auch nur skeptisch, denn in freier deutscher Wildbahn ist er bereits ausgestorben. So bevorzugen Ziesel - ähnlich wie deutsche Urlauber - eher die Türkei oder den Balkan.

Die Kolonie, die jetzt nach Nürnberg in die Mittelmeer-Wohngemeinschaft gezogen ist, kommt aber aus den Zoos von Bern und Wien, ist also schon ein bisschen eingedeutscht. Nach dem Umzug der Berberaffen ins Gorilla-Gehege war der Hang gegenüber der Delfinlagune frei. So entwarf der amerikanische Zoodesigner Martin Schuchert ein Kriech-, Buddel- und Sonn-Areal für Reptilien und Kleintiere, das der Zirndorfer Landschaftsarchitekt Urban Führes umsetzte. Zwischen Geröll, Thymian, Lavendel und Ginster fühlen sich drei Arten der größten europäischen Landschildkröten wohl. Nebst der größten europäischen Eidechsenart, der Perleidechse.

Schleichen und Steinhühner werden folgen

Ein privater Züchter überließ die farbenprächtigen Tiere dem Tiergarten. "Angst und Schrecken", kündigt Direktor Dag Encke an, "werden die Scheltopusiks verbreiten, die wir als nächsten Schritt in das Gelände einsetzen werden." Die Schleichen sind größer und stärker als eine Ringelnatter. Der scheue, erdmännchenartige Ziesel wird aber wohl deren Einzug genauso verschlafen wie den der Steinhühner, die ab Herbst in dem Mediterraneum genannten Areal zu sehen sind. Denn der Ziesel hält dann Winterschlaf.

Der Affenberg gehört dem Ziesel

© Michael Matejka

Möglich gemacht haben das neue Gehege die 2000 Mitglieder des Tiergartenfreunde Nürnberg e.V. und über 500 Tierpaten, die mit Spenden von 30 bis 70 Euro die jährlichen Futterkosten für kleine Tiere bezahlen. "Mit dem Mediterraneum sehen auch die Tierpaten etwas für ihr Geld", erklärt Klaus Kohlmann, Vorsitzender der Tiergartenfreunde. Der Gehegeumbau kostete seinen Verein insgesamt 200000 Euro.

Während Dag Encke und Klaus Kohlmann auf dem schicken neuen Holzsteg über Zahlen und Pläne referieren, lässt sich im Hintergrund eine zu langsame Schildkröte von einer Pflegerin einfangen, die Mitleid mit den zahlreichen Reportern hatte - wenigstens ein Motiv für die Fotojournalisten, die bei dem Nieselwetter ständig ihre Objektive reinigen müssen. Wo eigentlich dieser Ziesel sei, fragt ein Fotograf verzweifelt. "Der hat sich verpieselt", antwortet Dag Encke lachend.