Der Turm soll bleiben: Protest gegen Abriss des Postbaus
6.1.2015, 12:40 UhrDer sieben Etagen hohe Eckbau aus den 1930er Jahren, nach dem Krieg leicht verändert wieder aufgebaut, sei prägend fürs Stadtbild und einfach sehr vertraut. Karl-Heinz Enderle sagt das, der Chef der Altstadtfreunde. Er plädiert dafür, die ehemalige Hauptpost stehenzulassen. An ihr seien interessante Architekturströmungen ablesbar. Bis zum Letzten ausfechten wollen das die Altstadtfreunde aber nicht. Enderle: „Anketten werden wir uns an diesem Gebäude nicht.“
Die Immobilien-Holding Hubert Haupt will den Kopfbau und das weit jüngere Nachbargebäude plattmachen und ab 2016 an ihrer Stelle einen Neubau mit zwei Hotels, Gastronomie, Läden und, wie bisher, einer Postbankfiliale im Erdgeschoss errichten. Schon Anfang des Jahres soll ein privater Architektenwettbewerb unter 15 Büros ausgeschrieben werden. Nur der Rundbau im Osten bleibt, er steht unter Denkmalschutz, darf allerdings weitgehend entkernt werden.
Nicht nur die Altstadtfreunde, auch der Verein BauLust und in der Stadtbild Initiative Nürnberg organisierte Gruppen wie Geschichte Für Alle oder Stadtheimatpflegerin Claudia Maué, sehen die Abrisspläne kritisch. Es sei nicht einzusehen, dass vorhandene Bausubstanz „einfach schnell weggeräumt wird“, so BauLust-Sprecherin Brigitte Sesselmann.
Die Architektin fordert vom Investor, stattdessen Hirnschmalz darauf zu verwenden, wie man den seit langem leerstehenden Turm wiederverwenden könnte. Ihn ein paar Etagen höher zu machen, sei eine Variante. Jetzt sei er allenfalls „ein Stummel“.
Wer abends am Altstadtring entlangfahre, erkenne an den vielen dunklen Fenstern, wo überall Bürobauten leerstünden. Darunter ist die Oberpostdirektion am Rathenauplatz, die Nachfolgerin der jetzt diskutierten Immobilie am Hauptbahnhof, die weitgehend verlassen ist. Sesselmann: „Wir produzieren den Leerstand der Zukunft.“
NS-Applikationen entfernt
1931 geplant als Bau der Moderne von Post-Architekt Johann Kohl, haben ihm die Nazis ab 1933 massiv ihren Stempel aufgedrückt. Statt Flachdach, gläsernem Aufzug und verglastem Erdgeschoss bekam der Postbau unten ausgestellte Arkaden, ein riesiges Walmdach und eine Muschelkalk-Fassade. Er wirkte nun schwer und mächtig. Wiederum mit einem flacheren Dach, versachlichter Fassade, ohne NS-Applikationen und senkrecht geteilten Fenstern erstand das beschädigte Haus bis 1951 neu. Warum er nie unter Denkmalschutz gestellt wurde, sei unbegreiflich. Vor zehn Jahren hat der damalige Stadtheimatpfleger Herbert May einen entsprechenden Vorstoß unternommen. Er scheiterte am Nein des Landesamts für Denkmalpflege.
Historiker Gulden erkennt am geplanten Abriss ein „allgegenwärtiges Problem“: Investoren stülpten ihre Pläne vorhandenen Objekten einfach über, statt zu schauen, was man aus der Substanz machen könne. Die Stadt fordert von der Immobilien-Holding zumindest „eine hohe städtebauliche und architektonische Qualität“ und weist darauf hin, dass hier kein Einzelhandel möglich ist.
Wie viele Stellplätze geschaffen werden müssen, soll eine eigene Untersuchung ergeben. Auch die mögliche Höhe eines Neubaus soll durch eine Studie festgezurrt werden. Gewünscht ist eine öffentliche Nutzung des Bauwerks, das „dem historischen Ort angemessen“ sein müsse.
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