Die Polizei vermisst den Respekt vor der Uniform

20.07.2016, 13:13 Uhr
Die Polizei vermisst den Respekt vor der Uniform

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Sind die Todesschüsse in den Vereinigten Staaten auch Thema bei der hiesigen Polizei?

Norbert Schwab: Solche schockierenden Vorfälle führen natürlich in der Kollegenschaft zu lebhaften Diskussionen und man fragt sich, ob so was auch bei uns passieren könnte. Auslöser in den USA war meines Erachtens der dort immer noch vorhandene Rassismus in der Gesellschaft. Gewalt gegen die Polizei gibt es aber auch bei uns in Deutschland.

Lassen sich die Vorfälle in den Staaten auf hier übertragen?

Schwab: In dieser Form sicherlich nicht. In den USA spielt hier auch der freie Waffenbesitz mit eine Rolle. Angriffe gegen Polizeibeamte, wie schon gesagt, sind aber auch bei uns vermehrt ein Problem. Hier bemängelt die Gewerkschaft der Polizei schon wiederholt den schwindenden Respekt vor der Polizei und fordert gegen die steigenden Gewaltangriffe die Einführung eines eigenen Straftatbestandes: § 115 StGB – Tätlicher Angriff. Mit 2051 beim Einsatz verletzten Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen in Bayern ist im vergangenen Jahr ein neuer Höchststand erreicht worden. Dieser Paragraf ist nicht explizit für die Polizei gedacht, sondern soll alle Rettungskräfte, wie beispielsweise auch Feuerwehrleute und Sanitäter, schützen, die ihrerseits auch immer öfter zur Zielscheibe von Angriffen werden.

Die Polizei vermisst den Respekt vor der Uniform

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Auch in Bayern ziehen Beamte im Ernstfall ihre Waffe und schießen. Was geht da in einem Polizisten vor?

Schwab: Der Einsatz der Schusswaffe ist für jeden Kollegen das letzte Mittel, wenn alle anderen Einsatzmittel wirkungslos waren. Gottlob muss lediglich ein kleiner Bruchteil der Kollegen im Laufe des Dienstes tatsächlich einen Schuss abgeben. Was da jedoch im Kopf eines Kollegen vorgeht, vermag ich mir gar nicht vorzustellen.

Sitzt bei manchem Polizisten nicht auch hierzulande die Waffe zu locker?

Schwab: Das glaube ich nicht. Dass Kollegen grundlos und ungerechtfertigt die Dienstwaffe ziehen, halte ich für sehr unwahrscheinlich.

Wann ist das Ziehen der Dienstwaffe gerechtfertigt?

Schwab: Schon für das Ziehen der Dienstwaffe gelten die Vorschriften für den Schusswaffengebrauch. Notwehr-Situationen und Nothilfe-Situationen zur Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben werden hier die häufigsten Gründe sein.

Sie erwähnten es auch gerade: Der Respekt vor der Uniform sei geschwunden. Warum ist Respekt vor einem Stück Textil so wichtig?

Schwab: Die Uniform weist den Polizeibeamten als Vertreter des Staates zur Wahrung von Recht und Gesetz aus. Wer sich für das Gemeinwohl, die öffentliche Ordnung einsetzt, verdient auch den nötigen Respekt. Fehlender Respekt ist aber für die Polizei immer mehr ein Problem. Respektlosigkeit senkt die Hemmschwelle, sich der polizeilichen Maßnahme zu widersetzen — dies oft nicht nur verbal, sondern auch unter Anwendung körperlicher Gewalt. Polizeiliche Maßnahmen sind dann nicht oder nur schwer durchsetzbar. Reichte früher für die Schlichtung eines Familienstreites eine Streife, sind heute oft gleich mehrere nötig. Schnell finden sich in solchen angespannten Situationen dann auch Unbeteiligte, die sich ebenfalls gegen die Polizei stellen. Verletzungen von Polizeibeamten im Dienst sind leider mittlerweile an der Tagesordnung.

Woher kommt die fehlende Achtung gegenüber Polizisten?

Schwab: Das ist eigentlich ein gesellschaftliches Problem. Fehlender Respekt geht schon im Kindergarten los. Er trifft auch die Lehrer immer öfter und viele andere auch. Hier muss ein gesellschaftliches Umdenken her, denn nur im respektvollen Umgang miteinander lässt es sich gut und sicher leben. Das hat sich leider zum Nachteil verändert, es bedarf dringend einer Korrektur.

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