Die Resi war einst gut geraten
16.7.2009, 00:00 UhrHeinrich Lang gründete bereits 1873, zwei Jahre nach der Erfindung der Margarine, die erste Margarinefabrik Nürnbergs. Zehn Jahre später machten sich zwei ehemalige Mitarbeiter Langs unter dem Namen «Salb & Wohl» selbständig und stellten ebenfalls Margarine her. Doch im Jahr 1911 schlossen sich beide Firmen zu den Vereinigten Margarine-Werken zusammen.
Die Inhaber der neuen Firma beschlossen dann, ein neues Fabrikgebäude zu errichten. In der damaligen «Nürnberger Zeitung» schrieb ein Mitarbeiter: «Man glaubt eher einen stattlichen Neubau als den einer Fabrik vor sich zu haben.»
In der Tat erinnert auch heute noch das im pompösen Stil erbaute Gebäude mit seinem Wasserturm eher an ein Amtsgebäude als an eine Fabrik. Bei der Einweihung 1913 zeigten sich die anwesende Prominenz und das Publikum begeistert von dem Anwesen. Die Vierflügelanlage wurde von dem Architekten Georg Richter mit barockisierenden Formen erbaut, zum Beispiel mit Volutengiebeln und unregelmäßig geformten Fenstern in den Giebelfeldern. Das Gebäude-Ensemble gleicht einem Barockschloss und wurde mit seinem charakteristischen Turm rasch zu einem Wahrzeichen des Stadtteils Herrnhütte.
Die Margarine hatte in dieser Zeit, wie auch noch lange in den fünfziger Jahren, keinen besonders guten Ruf. Die Herstellung bei dem Nürnberger Unternehmen hingegen galt bei Fachleuten bald als vorbildlich. So wurde die «peinliche Sauberkeit» sowie die «Güte und Reinheit» der Produkte gelobt. In einem anderen Beitrag wurde darauf hingewiesen wie «appetitlich in diesem Musterbetrieb die Produkte hergestellt werden».
1924 wurde der Markenname «Resi-Schmelz» eingeführt und erwies sich bald als Verkaufsschlager. Wesentlich mit zum Erfolg haben die Hefte der Hausbücherei der «frischen Resi» beigetragen. Sie waren eine populäre und begehrte Werbebeigabe für Resi-Schmelz. Zielgruppe waren vor allem junge Menschen.
Für die Hefte wählte man möglichst bekannte Autoren aus. Diese wurden in der Regel eingangs kurz vorgestellt, dann kam ihre Erzählung. Am Ende des Heftchens gab es jeweils ein Koch-und Backrezept. Auf der Rückseite wurde in Farbe für das Produkt Resi-Schmelz geworben.
Das Unternehmen gab auch Sammelbilderalben sowie Reklame-Sammelmarken heraus. Die meisten dieser Marken sind von 1900 bis 1918 erschienen. Besonders beliebt waren die Gedeckten Güterwagen der Nürnberger Modelleisenbahnfirma Trix mit der Beschriftung «Vereinigte Margarine-Werke Nürnberg». Daneben gab es Wagen mit den Motiven anderer bekannter Nürnberger Unternehmen wie Lyra-Bleistiftfabrik, Herkules, Triumph-Werke oder Schöller-Eiskrem.
Die wohl bekanntesten Produkte waren die «frische Resi», die «Resi-Schmelz»-Margarine, das Pflanzenfett in Würfelform namens «Cocosblüte», «Palmoral» war ein Cocosfett in Plattenform und die «Splitter»-Margarine für die Herstellung von Blätterteig.
Das Unternehmen wurde weit über die Grenzen Nürnbergs bekannt, aber von den Nürnbergern besonders geliebt. In die Nürnberger Umgangssprache ist die Bezeichnung für einen müden oder schlappen Menschen eingegangen: «Der ist beinander wi a Bäggla Resi ohne Babier.» Die Rohstoffe für die Margarine kamen größtenteils aus Übersee und wurden in Ölmühlen und Raffinerien außerhalb Nürnbergs vorbereitet. Nach mehreren Produktionswegen erhielt die Margarine in riesigen Mischmaschinen ihre endgültige Zusammensetzung: 78 Prozent Fett, zwei Prozent Füllstoffe (Lezithin, Konservierungsmittel und dergleichen) und den gesetzlich genau vorgeschriebenen Wassergehalt.
1939 kam es zu einem entscheidenden Eingriff in das Firmengeschehen. Wie bei anderen Firmen auch mussten die jüdischen Mitinhaber unter den Druck der Nationalsozialisten ihre Anteile an nichtjüdische Teilhaber abgeben. Ein Drittel dieser Anteile ging an die Nürnberger Nährmittelwerke und an die Theodor Wolf GmbH. Durch die Kriegsereignisse verlor das Unternehmen den größten Teil der Absatzmärkte, die sich die Firma nach dem Krieg zurückzuerobern versuchte. Doch die großen Konzerne mit ihren Produkten wie Sanella und Rama machten es dem mittelständischen Betrieb sehr schwer. Bis 1972 wurde in der Resi-Fabrik Margarine hergestellt, dann standen in der alteingesessenen Nürnberger Firma die Maschinen still. Der Margarinehersteller Homann und Lob aus Hannover übernahm 1974 die Vereinigten Margarine-Werke.
Die stolzen Fabrikgebäude stehen noch und sind in Nürnberg als die «Resi» bekannt. Sie dienen heute als nächtliches Vergnügungszentrum, denn der Industriekomplex wird von Diskotheken und Lokalen genutzt. In den rückwärtigen Gebäuden befinden sich mehrere mittelständische Handwerksbetriebe und das Seminarzentrum der Grundig Akademie.
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