Direktvermarktung sichert vielen Höfen die Existenz
6.3.2015, 20:05 UhrFeldsalat, Kohlrabi und Kartoffeln, Äpfel, dazu feine Salatöle, Milchprodukte und einiges mehr: Die Auslagen, Kühltheken und Regale im Hofladen von Peter Link Am Wegfeld in Buch laden zum Zugreifen ein. Am späteren Nachmittag und zum Wochenende am Samstagmorgen herrscht oft Hochbetrieb.
Dank seiner günstigen Lage, nur einen Katzensprung von der Erlanger Straße entfernt, finden nicht nur viele Nürnberger den Weg hierher. Auf dem Weg vom und ins Umland decken sich auch Kunden aus Nachbarstädten und -kreisen mit frischer Kost ein. Auf den nur 45 Quadratmetern kann es dann schon mal eng werden, bis zu drei Verkäuferinnen geben ihr Bestes — und müssen, weil für Auslagen nur wenig Platz bleibt, eben häufiger Nachschub aus dem Lager holen.
Längst könnte der Laden eine Erweiterung vertragen, aber die Überschaubarkeit und die familiäre Atmosphäre mit dem Hauch von Tante Emma will Link nicht ohne weiteres aufgeben. Denn viele seiner Kunden — im Winter zu 95 Prozent Stammpublikum — schätzen diesen Kontrast zum unpersönlichen Supermarkt.
Größeres Sortiment
Vor bald 15 Jahren gehörte sein Hofladen zu den Ersten im Knoblauchsland. Um den Kunden eine Versorgung „aus einer Hand“ zu bieten, ergänzen zugekaufte Waren von Partnern das eigene Sortiment. Inzwischen laden gut ein Dutzend Betriebe zwischen Wetzendorf und Neunhof nicht nur nebenher an der Stalltür, sondern mit festen Geschäftsräumen und -zeiten zum Einkauf direkt ab Hof ein. Der Trend ist bundesweit zu beobachten und in Ballungsräumen besonders ausgeprägt.
„Der Original-Regional-Gedanke hat da viel geholfen und die Nachfrage beflügelt“, stellt Gerhard Kiemle, der Vorsitzende der bundesweiten Vereinigung der Gemüse-Selbstvermarkter, fest. Zum Erfahrungsaustausch trafen sich 80 Vereinsmitglieder im Knoblauchsland, sahen sich in verschiedenen Gewächshäusern und Kühlräumen um — und ließen auch Links Hofladen nicht aus.
Typischerweise ist der zwar ein Aushängeschild, aber dennoch bloß eins von mehreren Standbeinen. „Und es dauert vier bis fünf Jahre, bis so ein Laden voll rentabel läuft“, gibt Link zu bedenken. Dabei macht der Verkauf an die Privatkunden sogar in der Spargelsaison mit dem besonders gefragten Edelgemüse nur an die zehn Prozent des Gesamtumsatzes aus.
Am Beispiel des Betriebs Am Wegfeld sieht Direktvermarktung so aus: Mit sieben Angestellten werden auf rund 5000 Quadratmetern knapp 20 verschiedene Kulturen angebaut — für mehr als 120 Kunden aus Einzelhandel und Gastronomie. Ein Teil der Waren geht am Großmarkt weg. „Noch vor 25 Jahren haben wir dort alles verkauft“, erinnert sich Link.
Dass sich das gründlich geändert hat, ist typisch nicht nur für das Knoblauchsland, sondern auch andere Erzeugerregionen: Die meisten Gemüse- und Salatkisten liefern Links Mitarbeiter mit vier Fahrzeugen zu Abnehmern in bis zu 140 Kilometern Entfernung. „Nur ein Fünftel wird von den Kunden selbst bei uns abgeholt“, erläuterte Sohn Stefan Link den Fachkollegen aus ganz Deutschland beim Rundgang. Dementsprechend hat die Familie seit Jahren mehr in geschickte Vermarktung als in den Kauf teurer Maschinen gesteckt.
Suche nach Nischen
Parallel dazu erfolgte eine Differenzierung und Spezialisierung der Knoblauchsländer Betriebe — die einen konzentrieren sich stärker auf Freilandkulturen, andere auf „unter Glas“. „Vor 30 Jahren fuhren noch 70 Betriebe zum Großmarkt — alle mit demselben Angebot“, erläutert Peter Höfler, der Vorsitzende des Gemüseerzeugerverbandes. „Jetzt hat jeder seine spezielle Nische.“
Wie in der Industrie, gilt es auch für die Landwirte, eine Abhängigkeit von einem oder zwei Großabnehmern zu vermeiden. Vor allem von Einzelhandelsketten, so wichtig sie auch sind. „Da wird man gezwungen, Waren zwei Wochen vor dem Liefertermin zu einem bestimmten Preis anzubieten, damit die Rabattaktionen geplant werden können. Da sind Gemüse oder Salat noch nicht mal geerntet“, berichtet Heiner Wischendorff, der im Hamburger Umland vor allem Minze, Basilikum und andere Topfkräuter anbaut. „Das sind für mich Mafia-ähnliche Methoden.“
Anders als viele Knoblauchsländer vertreibt der hochspezialisierte Erzeuger von der Elbe seine komplette Ware über den dortigen Großmarkt. Schon um Mitternacht beginnt dort der Handel — und Wischendorff ist fast täglich dabei. Ohne Herzblut sei das nicht zu schaffen, meint er — und hofft, auch eines seiner Kinder für das aufreibende Leben begeistern zu können.
Immerhin: Eine Tochter absolviert gerade eine Ausbildung — im Knoblauchsland. Und: „Bei uns steht noch ein Gesicht hinter der Ware“, beschreibt er den Trumpf der Direktvermarkter. Der noch junge Verein ist dabei Nachfolger der früheren und langjährigen Vereinigung deutscher Marktgärtner.
Mit der Öffnung für alle selbstvermarktenden Betriebe — ihre Zahl wird auf bundesweit rund 1500 geschätzt — verbindet er vor allem ein politisches Ziel: Bei der Vergabe von EU-Fördermitteln sehen sich die Direktvermarkter gegenüber Erzeugerorganisationen und -genossenschaften eklatant benachteiligt. „Und das wollen wir ändern“, bekräftigt der Vorsitzende Kiemle.
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