Fall 35 der Weihnachtsaktion

Doppelt bestraft: Während Franke in Haft saß, wurde seine letzte Habe entsorgt

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

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22.12.2022, 14:45 Uhr
Zwei Monate musste Franz L. hinter Gittern verbringen - als er entlassen wurde, war er zwar frei, stand aber vor dem Nichts. 

© Felix Kästle/dpa Zwei Monate musste Franz L. hinter Gittern verbringen - als er entlassen wurde, war er zwar frei, stand aber vor dem Nichts. 

Widerfahren ist das einem 47-jährigen Mann aus dem südlichen Mittelfranken. Dabei hatte Franz L. (Name geändert) keine Bleibe mit Mietvertrag, sondern eine Schlafstelle mit etwas Mobiliar in einem armseligen Anwesen, in dem die zuständige Gemeinde Menschen einquartierte, die sonst auf der Straße gelandet wären.

Kaum saß er hinter Gittern, beauftragte seine frühere Heimatgemeinde eine Firma mit der Räumung seines Zimmers - und brummte ihm obendrein die Kosten dafür auf. Das ist für Franz L. doppelt tragisch. Denn für die tätliche Auseinandersetzung - ein Fehler, den er einsieht und bereut - hätte er eigentlich überhaupt nicht „einsitzen“ müssen.

Vorgesehen war ursprünglich die Ableistung von Sozialstunden. Und die ging er bereitwillig an, musste die Arbeit aber kurz nach Beginn wieder abbrechen: Wegen eines Blutgerinnsels im Gehirn kam er in eine Klinik. Eine Wiederaufnahme des Buß-Einsatzes scheiterte - und Geld für eine Abwendung der Haftstrafe hatte er schon gar nicht. Und so besaß er, als ihn kürzlich seine gesetzliche Betreuerin am Tor der Justizvollzugsanstalt in Empfang nahm, nicht mehr als was er am Leib trug.

Erstes Quartier: die Heilsarmee

Zum Glück fand er erstmal Aufnahme in einer Einrichtung der Heilsarmee. Und die Betreuerin streckte etwas Geld vor, damit er sich wenigstens das Allernötigste zum Anziehen besorgen konnte, darunter ein paar warme Sachen. Dabei seien ihm bei der Räumungsaktion hinterrücks nicht nur Kleidungsstücke genommen worden, beklagt er, sondern auch wichtige Dokumente wie etwa Zeugnisse.

Die bescheinigen ihm nicht zuletzt handwerkliches Geschick und könnten und sollten ihm nun helfen, möglichst rasch wieder im Arbeitsleben Fuß zu fassen und auf eigenen Beinen zu stehen. Denn Franz L. hat in seinem Leben eine ganze Reihe von Qualifikationen erworben: „Mein erster Beruf war Koch, denn meine Eltern hatten eine Metzgerei mit Gastwirtschaft“, erzählt er. Dann aber erwarb er noch technische Abschlüsse, zum Beispiel als Landmaschinenmechaniker oder für den Umgang mit Schweißgeräten.

Und nicht ohne Stolz zieht er eine sorgsam zusammengefaltete Bestätigung seiner Fähigkeiten und Leistungen in einer technischen Einheit bei der Bundeswehr aus seinem Geldbeutel - wenigstens diese Kopie hat er sich bewahrt. Mit dem Beispiel von Franz L. weist die Weihnachtsaktion auf die nicht selten prekäre Situation von Haftentlassenen hin. Das untermauern auch viele Fallschilderungen etwa des Reso-Kreises und der Zentralstelle für Strafentlassene.


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