E-Scooter in Nürnberg: Stadt zieht ernüchternde Bilanz

Sabine Stoll

E-Mail zur Autorenseite

3.8.2019, 18:22 Uhr

Seit Freitag vergangener Woche sind die E-Scooter in Nürnberg am Start. Auf Nachfrage, wie es sich anlässt in der Pegnitz-Stadt, schickt eine Berliner PR-Agentur im Auftrag von Voi eine euphorische Stellungnahme: "Wir sind sehr zufrieden mit unserem Start in Nürnberg! Eine Woche nach dem Launch in Deutschland konnten wir die Fünf-Millionen-Fahrten-Marke knacken, nur eine Woche später dann die sechs Millionen und das nur zehn Monate nach der Gründung von Voi. Damit sind wir der bei weitem größte Anbieter in Europa", heißt es darin.

"Kannibalisierung umweltfreundlicher Verkehrsmittel"

Die Stadtverwaltung versetzen die neuen Elektro-Fahrzeuge dagegen nicht gerade in Ekstase. "Von der Ökologie her bringt es null", sagt Robert Wunder vom Verkehrsplanungsamt. Er sieht vielmehr eine "Kannibalisierung der umweltfreundlichen Verkehrsmittel". Soll heißen: "Es geht zu Lasten des Fußverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs." Dass jemand sein Auto stehenlässt, um stattdessen mit dem Roller zu fahren, hält er für unwahrscheinlich.

Ausgeliehen und bezahlt wird der Roller über eine App, die den Nutzern das nächstgelegene Fahrzeug anzeigt – ohne Anmeldegebühr oder monatliche Grundgebühr. Pro Fahrt fallen ein Euro Startgebühr plus 15 Cent pro Minute an. In Nürnberg seien derzeit 150 E-Scooter unterwegs, so Claus Unterkircher, General Manager von Voi für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Ob die Firma hier noch mehr Roller platzieren will, kann er noch nicht sagen.

Bei der bisherigen Anzahl wird es aber vermutlich so oder so nicht bleiben. Wie berichtet, interessieren sich auch andere Anbieter für Nürnberg. Insgesamt vier Unternehmen, inklusive Voi, haben bei der Verwaltung angeklopft und dort Konzepte für bis zu 500 Roller vorgelegt.

Parken der E-Scooter ist ein Problem

Die ersten Nebenwirkungen der E-Roller sind schon nach einer Woche zu besichtigen: Die Polizei hat drei Unfälle registriert und betrunkene Rollerfahrer erwischt. "Vielen ist nicht klar, dass es sich bei den E-Scootern um Kraftfahrzeuge handelt, für die die 0,5-Promille-Grenze gilt", sagt Polizeisprechger Wolfgang Prehl auf Anfrage.

Auch mit dem Parken ist das so eine Sache. "Wir stellen fest, dass Fahrzeuge verbotswidrig abgestellt werden", sagt Wunder vom Verkehrsplanungsamt. Zum Beispiel auf Gehwegen. Viele Nutzer würden nicht wissen, in welchen Zonen sie die Roller parken dürften. Die Anbieter würden ihre Kunden nicht gut genug informieren.

Die Fußgängerzone ist zum Beispiel fürs Fahren tabu. Die Stadt will daher mit dem Verleiher eine Vereinbarung schließen, dass dieser seine Kunden besser informiert. Man informiere die Nutzer durch Trainingsprogramme, Push-Nachrichten und den Einsatz von Straßenteams darüber, wie man einen E-Scooter korrekt und regelkonform parke, hält Voi-Manager Claus Unterkircher dagegen. "Im Moment arbeiten wir auch an der Einführung eines virtuellen Klassenzimmers zum sicheren und korrekten Gebrauch unserer Roller." In einigen Städten gebe es auch bereits spezielle Parkplätze für die E-Scooter.


Nun ist Ihre Meinung gefragt: Sind E-Scooter ein Gewinn für die Stadt oder eher ein lästiger Platzfresser?

Schreiben Sie Ihre Meinung, diskutieren Sie hier in unserem Leserforum unter diesem Artikel mit! Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass Sie sich mit Ihrem vollen Namen, Ihrer postalischen Adresse und Ihrer Mailadresse registrieren. Falls Sie bereits einen Login besitzen, bei dem die Anschrift noch fehlt, bitten wir Sie, diese Daten zu ergänzen. Derzeit sind die Angaben zur Adresse noch freiwillig. Im Leserforum werden wir aber nur Kommentare zulassen, bei denen auch die Angaben "Straße/Hausnummer sowie PLZ/Ort" ausgefüllt wurden. Dennoch wird Ihr Kommentar online nur unter dem von Ihnen gewählten Nickname zu lesen sein.

Meinungsbeiträge sind auch per Mail an nn-leserbriefe@pressenetz.de (Stichwort: E-Scooter) möglich. Eine Auswahl der Einsendungen wird gegebenenfalls auch auf der gedruckten Meinungsseite in den Nürnberger Nachrichten mit Angabe des Namens und des Wohnorts (ohne Straßenangabe) erscheinen. Falls Sie damit nicht einverstanden sein sollten, bitten wir Sie, dies in Ihrem Kommentar zu vermerken.


Melden Sie sich jetzt für den wöchentlichen, kostenlosen Chefredakteurs-Newsletter der Nürnberger Nachrichten an.


 

45 Kommentare