Ein langer Lauf für die Mudra

8.1.2012, 15:00 Uhr
Ein langer Lauf für die Mudra

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In den Anfangsjahren, erinnert sich Mudra-Geschäftsführer Bertram Wehner, kümmerte sich die 1980 gegründete Drogenhilfeeinrichtung nicht gesondert um Süchtige mit Migrationshintergrund. Das Thema spielte keine besondere Rolle, das Team der von Studierenden und Ex-Abhängigen gegründeten Mudra bestand auch nur aus deutschen Mitarbeitern. Doch ab 1986 kamen Wehner und seine Mitstreiter nicht mehr daran vorbei, dass sie für türkische oder türkischstämmige Klienten ein eigenes Angebot schaffen mussten.

Die Jugendhäuser waren mit der Zunahme der Drogenprobleme überfordert, die Problematik wurde gleichsam in den öffentlichen Raum verdrängt. Vor dem Rio-Kino an der Fürther Straße bildete sich eine türkisch dominierte Drogenszene. Dies trieb die Mudra an, zu handeln. Der Schriftsteller Habib Bektas ging 1987 als Streetworker auf die türkischen Abhängigen zu, versuchte, sie zu beraten und ihnen zu helfen. In einem Film von Mudra-Mitarbeiter Celal Ocak über 25 Jahre interkulturelle Drogenarbeit bei der Mudra, der kürzlich auf einer Fachtagung gezeigt wurde, erzählt Bektas, wie er allmählich das Vertrauen der Abhängigen gewann.

Doch nicht alle Bemühungen der Mudra, dieses Problem anzugehen, waren von Erfolg gekrönt. Wehner spricht von „Versuch und Irrtum“, wenn er sich an die verschiedenen Stationen der kultursensiblen Drogenarbeit in den vergangenen 25 Jahren erinnert. Zu den Irrtümern gehört der Gostenhofer Laden, der 1989 als Einrichtung für türkische Abhängige gegründet wurde. „Wir sind dabei von unserem klassischen Mudra-Ansatz ausgegangen, auf die Leute zuzugehen, dorthin zu gehen, wo die Abhängigen sind.“

Zu großes Schamgefühl

Allein: Die Einrichtung wurde von den potenziellen Klienten nicht akzeptiert. In Gostenhof kennt man sich — Wehner denkt daher heute, dass der Ort schlicht nicht anonym genug war, dass bei den betroffenen Türken das Schamgefühl zu groß war, sich an diese Einrichtung zu wenden. Besser funktionierte es, als die Mudra ihre Beratung für Süchtige mit türkischem Hintergrund 1991 in die Innenstadt verlagerte, wo unter dem Schutz der Anonymität weit mehr Drogenabhängige türkischer Herkunft kamen. Diese Beratung und Hilfe gibt es denn auch bis heute, es arbeiten dort zwei hauptamtliche Mitarbeiter. Zu dem Angebot für Drogenabhängige türkischer Herkunft kamen im Lauf der Jahre auch Beratungsstellen für Süchtige mit russischem (1998) und italienischem (2001) Hintergrund hinzu.

Zusätzlich gründete die Mudra 1995 in Birnthon eine stationäre Einrichtung mit dem Namen „Dönüs“ (Wende) für Abhängige mit nichtdeutschem Hintergrund. Dort gibt es 18 Plätze. Die Klienten müssen vorher einen Entzug gemacht haben und bleiben sechs bis acht Monate in der Einrichtung, in der sie sich in Gruppen- und Einzeltherapien mit ihrer Drogenkarriere auseinandersetzen.

Zudem gibt es Sportangebote sowie die Möglichkeit, die Deutschkenntnisse zu verbessern und eine Arbeitstherapie. Die Klienten arbeiten zum Beispiel in der Schreinerei oder im Garten. Alljährlich helfen sie mit, den Dönüs-Lauf zu organisieren, der inzwischen zur Tradition geworden ist und an dem sich neben Dönüs-Mitarbeitern (es gibt zehn hauptamtliche) und Klienten auch externe Interessenten beteiligen. Wehner erinnert sich, dass es bei der Gründung von Dönüs massive Proteste gab. Die Anwohner hätten sich versammelt und gerufen, sie wollen keine Drogen hier, hätten dabei aber ein Fass Bier aufgemacht, berichtet Wehner süffisant. Doch die Einrichtung sei rasch akzeptiert worden. Mittlerweile gebe es gemeinsame Grillfeste mit den Birnthonern.

Eine Mutter, deren Sohn eine Therapie in Birnthon gemacht hat, erzählt in dem Film, dass sie dank der Mudra inzwischen zum ersten Mal seit zehn Jahren nicht in permanenter Sorge sei.
 

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